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Archiv-Artikel

tarifstreit Gelungener Abschluss

Tarifergebnisse für den öffentlichen Dienst sind immer der letzte Akt eines Stücks, in dem die Bundesbürger in einer Doppelrolle auftreten: Einmal sind sie etwa Angestellte im öffentlichen Dienst, Krankenschwestern, Erzieherinnen oder Feuerwehrleute, also Begünstigte von Lohnsteigerungen. Zum andern aber sind sie auch Steuerzahler, gehören also gewissermaßen zur Arbeitgeberseite.

Kommentar von BARBARA DRIBBUSCH

Dieser Rollenkonflikt hat sich in Zeiten knapper öffentlicher Kassen verschärft. Jeder Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst kann daher nur eine Integrationsleistung sein, wenn sie diesem gesellschaftlichen Spannungsfeld gerecht werden soll. Dies ist beim jüngsten Verhandlungsergebnis gelungen.

Für ihr Rollenspiel haben die beiden Seiten auch diesmal die üblichen Maskeraden genutzt, allerdings mit ein paar neuen Accessoires. Mit insgesamt 4,4 Prozent auf zweieinviertel Jahre beim Lohn sieht die Gewerkschaft nicht schlecht aus. Die Arbeitgeber errechnen aus der ungewöhnlich langen Laufzeit, dem Wegfall eines freien Tages und einigen anderen Einschränkungen nur eine moderate Mehrbelastung von 2 Prozent.

Zum Rollenspiel gehört auch, dass die Arbeitgeber die Gegenseite jetzt mit den Folgen des Abschlusses erpressen können. Deswegen kündigen Länder, Städte und Gemeinden schlechtere öffentliche Dienstleistungen, höhere Gebühren und einen vermehrten Stellenabbau an. Den schwarzen Peter erhalten wieder die Bürger, weil sie Empfänger von Dienstleistungen sind, Steuerzahler oder Staatsdiener oder alles in einem.

Etwas fehlt aber: Reformdiskussionen. Die früheren Überlegungen, im öffentlichen Dienst etwa über Arbeitszeitverkürzung Beschäftigung umzuverteilen oder gar neu zu schaffen, spielten im Lohnstreit dieses Jahres keine Rolle mehr. Die anstehende Reform des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) bietet neue Möglichkeiten. So könnte die Zukunft der Senioritätsentlohnung verhandelt werden, also das automatische Ansteigen des Lohns nach Dienst- und Lebensalter. Der BAT bezahlt Ledige und Verheiratete unterschiedlich – ist dieses Modell noch zukunftsfähig? Hier eröffnen sich neue Auseinandersetzungen, die bis zur nächsten Tarifrunde reifen und den starren Blick auf Lohnprozente in Zukunft etwas erweitern könnten. Auch wenn alle froh sind, dass die Tarifrunde dieses Jahres überstanden ist: Etwas mehr politische Energie täte den Tarifpartnern in den kommenden Jahren gut.