tagebuch eines wanderarbeiters: Patriotische Gefühle? Kein Stück!

„Die Eröffnungsfeier habe ich mir im Fernsehen angeschaut und fand sie gar nicht so schlecht. Aber patriotische Gefühle? Nein, die habe ich kein Stück empfunden. Meine Freunde und Kollegen empfinden ähnlich. Sie werden bei den Wettkämpfen mitfiebern, aber ich glaube nicht, dass das stark mit Patriotismus verbunden ist.

Im Internet kann man schon sehr viele patriotische Beiträge lesen. Aber die werden hauptsächlich von reichen Leuten in den Städten verfasst, die einen eigenen Computer, Internetanschluss und vor allem die Zeit dafür haben, solche Debatten zu verfolgen. Auf keinen Fall spiegeln sie die gesamte Bevölkerung von China ab. Ich hoffe sehr, dass mit zunehmender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung mehr und vielfältigere Stimmen aus China in der Welt zu hören sind. Für die meisten Chinesen, vor allem uns Arbeitsmigranten, ist das Heimatdorf, vielleicht auch die Heimatprovinz, viel identitätsstiftender als die chinesische Nationalität. Obwohl ich schon so viele Jahre in Shenzhen lebe, ist für mich und meine Freunde die Provinz Henan meine Heimat. Das wird auch so bleiben.“ PROTOKOLL: CSU

CUI CHANGYONG, 33, ist Wanderarbeiter in China