sydney-syndrom: Der Muffenpupu
Sind Sie auch immer so müde dieser Tage? Weil man ja schlecht schlafen kann, während unter einem (also viele, viele Kilometer unter einem) sich einer so anstrengt. Wie „Deutschlands Zehnkampfhoffnung“, der anbetungswürdige Frank Busemann. Der strengte sich die ganze gestrige Nacht unter mir an, viele, viele Kilometer unter mir, leider, und am Morgen (bei uns Abend) war er noch sehr müde, Vatter Busemann sagte, immerhin „hat er vier Stunden geschlafen, das tut er sonst nie“.
Ohnehin, die Zeitverschiebung. Die Moderatoren sind noch ein bisschen kleinäugig und bettfaltig, wenn bei uns Abend ist und der „Olympia Boulevard“ losgeht. Die Sportler auch, der rotbewimperte „Goldjunge“ Markus Ehning, dessen Gaul so schön über die Hürden hoppelte (und dessen Mutter Hilde gestern, statt ins Büro zu gehen, ein paar Gläschen Sekt kippte), der sagte im Interview: „Mein Pferd ist ja erfahren, da kann nichts passieren.“ Der hat Nerven! Sagt Frank Busemann vielleicht „mein Speer ist erfahren“? Bzw. hatte er vielleicht nur einen unerfahrenen Diskus erwischt? Dieser Muffenpupu! (So nannte er sich nach dem Hürdenlaufen, vermutlich heißt es auf Ruhrpottlerisch etwa „Angsthäschen“.)
Jedenfalls, wenn ich mich morgens rausquäle, haben sich die Kollegen an den Mikrofonen erst eingequakt. Aber was geht eigentlich mitten in der Nacht ab? So richtig viel haben sich die Öffentlich-Rechtlichen leider nicht einfallen lassen, es wird einfach stramm durchmoderiert, ob es nun um das alberne Synchronturmspringen geht oder um Springreiten.
Und da ohnehin der Himmel über Sydney momentan den ganzen Tag grau ist und zwischen live und Aufzeichnung kein großer Unterschied besteht, von der Aufgeregtheit der Moderatoren her, scheinen die Olympia-Tage in einer einheitlichen Sportsauce zu versuppen. Jedenfalls wenn der Muffenpupu nicht auf dem Schirm ist. JENNI ZYLKA
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