steffen grimberg : Nach fünf im Urwald
Heute Abend geht die Welt unter. Zumindest das Abendland. Heute Abend läuft das Finale von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“
Wer sich zum ersten TV-Ereignis des jungen Jahres massenwirksam äußern will, der muss sich allmählich beeilen.
Kaum geschrieben, rappelt’s im Ticker: „Die Fernbedienung rettet das Abendland“, frohlockt der FDP-Medienpolitiker Stefan Grüll nach Angaben der FDP-Landtagsfraktion vom Montag in Düsseldorf über den Umgang mit der umstrittenen RTL-Dschungelshow „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“.
Doch leider ist das Rennen um den Preis für den ausgemachtesten Schwachsinn schon so gut wie entschieden: Schade, Professor Jo Groebel, Ihr allgemeines Bedenkenträgertum („Das sind Methoden, die an Foltermethoden erinnern“) hat doch nicht gereicht. „Folter“, das geben wir zu, war schon ziemlich gut. Viel besser als die Kopfgeburten, mit denen Sie und andere seinerzeit beim ersten „Big Brother“ hausieren gingen – „Menschenwürde“, „Grundgesetz“. Das war doch arg staatstragend. Jetzt einfach mal „Foltermethoden“, die Sie, lieber Professor, wahrscheinlich vom eigenen Europäischen Medieninstitut kennen.
Ganz vorn liegt jetzt der Chef einer kleinen ARD-Anstalt, Intendant Fritze Raff vom Saarländischen Rundfunk. Der hat nämlich auf einmal selber wieder Programm gemacht bzw. eigentlich das Gegenteil davon. Fitz Raff hat die Kabarettistin Lisa Fitz, die sich derzeit noch im Camp suhlt, gefeuert. Den „SR-Gesellschaftsabend“ moderiert Fitz ab sofort nicht mehr. Denn hinter diesem peppigen Titel verbirgt sich „seriöses Kabarett“. Und Fitzens Rolle im Dschungelbuch sei „verheerend“ für das Genre, sagte Raff der gestrigen Saarbrücker Zeitung. Er sehe „keine gemeinsame Zukunft mehr von Lisa Fitz und dem Sender“, diktierte Raff seinem Programmdirektor Hans-Günther Brüske per Fax. Endlich mal einer, der durchgreift.
Wie sich Raff den Rundfunk wünscht, kann man übrigens auch gleich in der Saarbrücker Zeitung nachlesen: „Eine gute Wahl beim 4. SR-Studiokonzert war dann die zweite Suite aus Strawinskys Feuervogel. Sie ist klein besetzt und passt gerade noch in die Akustik des Sendesaals.“ Kleiner, kleiner Saarländischer Rundfunk, der erste Platz ist dir so gut wie sicher.
Wobei hiermit natürlich überhaupt nichts über die Qualität von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ gesagt wäre. „Das Camp der Lüge“, titelte in schönster Arbeitsteilung mit der täglichen Schwester am Sonntag die BamS: „Dschungel überdacht. Keine gefährlichen Tiere. Psychologe immer dabei.“ Und wenigstens nicht ganz so langweilig wie der x-te „Big Brother“-Durchgang oder die neuerliche „Superstar“-Retorte. Und für die nächste Runde hätten wir auch schon eine sehr passable Kandidatin: jenes Stück Holz, das auf RTL Sonja Zietlow heißt.