piwik no script img

Archiv-Artikel

steffen grimberg Dumm wie Brodt

Auch im Populisten-Club namens „Christansen“ wurde über Rechtschreibung diskutiert. Spätestens jetzt ist das Chaos perfekt.

Die Verfügbarkeit von Chefredakteuren deutscher Zunge ist konjunkturabhängig. Wie sehr, konnte man am Sonntag im Medienmagazin „Zapp“ des NDR-Fernsehens bewundern – und sich gleich mit. Wundern, natürlich: Denn „Zapp“ wollte eigentlich die beiden runderneuerten Springer-Blätter Bild am Sonntag und Welt am Sonntag präsentieren. Letztere darf ja nicht mehr WamS heißen, dafür macht Erstere jetzt Bums, und die jeweiligen Chefs sollten erklären, warum das so ist. Möglichkeiten zur Selbstdarstellung, nach denen man sich die Finger leckt. Doch Claus Strunz (Bums) und Christoph Keese (WamS) wollten nicht. Konnten nicht? Durften nicht? Obwohl: Letzteres ist im Hause Springer ja unvorstellbar.

Und zumindest Strunz hatte für die ARD als solche ja schon noch Zeit: Er gab den Volksversteher bei „Christiansen“. Denn Bums weiß schließlich, „was die Mehrheit der Menschen will“. Deswegen scheint jetzt endlich überall die Sonne, und Spiegel, Springer und – leider – die Süddeutsche ziehen tapfer gegen die zwei Prozent der teutschen Orthografie zu Felde, die seit fünf Jahren anders geschrieben werden. Zum „Zukunftspaket“ der neuen Bums und der Gesellschaft gehört eben die „bewährte Rechtschreibung“ (Die FAZ macht schon seit 2001 wieder in „alter“, der Spiegel künftig in „klassischer Rechtschreibung“).

Wer das nicht so sieht, stört da nur: Als sich vom Katzentisch im Saalpublikum aus eine echte Lehrerin und ein echter Schüler für rund eine der 60 „Christiansen“-Minuten äußern dürfen und dummerweise eher für die böse neue Rechtschreibung Partei ergreifen, dekretiert Strunz: „Es entsteht ja gerade ein schiefer Eindruck“. Der Rest war in tröstlicher Manier vorhersehbar.

Bis auf einen: Jürgen Rüttgers. Der CDU-Spitzenkandidat in NRW redete zwar auch überwiegend Stuss, aber gut. Was die Performance der ehemals bildungspolitischen Schlaftablette angeht, hat sein Mentor Michael Spreng schon ganze Arbeit geleistet. Das Spreng ehemals Chef eines Springer-Blattes war, das heute Bums heißt, passt da ziemlich gut ins – äh: Bild.