steffen grimberg : München, bewölkt
Hach, war er wieder gut frisiert. So naturkraus. Und was für ein Unterschied zum starren Edmund, der vor ihm sprach. Obwohl sich Bayerns Ministerpräsident Stoiber bei der Eröffnung der diesjährigen Münchner Medientage für seine Verhältnisse geradezu emotional ins Zeug legte und vor Begeisterung sogar ins Ruhrdeutsch verfiel, um den „internationalen Investor von jenseits des Atlantiks“ im Freistaat willkommen zu heißen.
Und dann kam der ProSiebenSat.1 AG ihr Vorstand sein neuer Chef: Chaim Saban. Hielt gut gelaunt ein paar Geburtstagsgeschenke (15. 10.) in die Kamera: den Schnellkurs „Deutsch für Dummies“ zum Beispiel. Oder ein Wörterbuch Deutsch-Hebräisch, seiner zweiten Muttersprache. Und bedauerte, dass er zur künftigen strategischen Ausrichtung seiner aus dem Kirch-Untergang im zweiten Anlauf billig herausgeklaubten Senderfamilie (ProSieben, Sat.1, Kabel 1, N24) nicht wirklich etwas sagen könne, weil dürfe. Das Aktienrecht, die Verhandlungen über das Kaufangebot für die Kleinaktionäre laufen noch, Sie verstehen.
Aber alles wird gut: „Wir glauben an das hart arbeitende deutsche Volk“, sagte Saban – ausgesprochen nett das, wenn auch etwas unkonkret – und: „We believe in Urs Rohner.“ Jedenfalls bis zum Jahreswechsel kann der bisherige AG-Boss ruhig schlafen, erst danach stehen im Zuge einer geplanten Kapitalerhöhung wohl auch personelle Umbauten in der Fernseh-AG an.
Sieben Umbrüche hätte die durchlitten seit der Zwangsfusion von ProSieben mit Sat.1 anno 2000, meint Saban: Kirch-Pleite, Bieterduelle, gescheiterte Deals. Die Geschäftsführung stets mit alldem beschäftigt, aber nicht mit dem Tagesgeschäft. Keine Frage: Ruhe ist fürs Erste oberste Investorenpflicht. Doch weil er schon mal da war, hielt Saban neben Deutschkursen auch seine Kritik am deutschen Rundfunksystem hoch: Da würde er vieles einfach nicht verstehen.
„Double standards“ seien das doch, klagte der irritierte Medienunternehmer, der weiland mit der Titelmusik von „Dallas“ die ersten Millionen machte und sich vor allem dank kindgerechter TV-Ware à la „Mighty Morphin’ Power Rangers“ mittlerweile mehrfacher Milliardär nennen kann. Hier die öffentlich finanzierten Öffentlich-Rechtlichen, die trotzdem Werbung und sogar Product Placement machen dürften – und da eben die armen Privaten, denen bei Überschreitung der zulässigen Werbezeiten gleich die Medienaufsicht aufs Dach steige.
Mit seinem „guten Freund“ und ZDF-Intendanten Markus Schächter und ARD-Chef Jobst Plog wolle er, Saban, nun „auf freundschaftliche Weise“ in den Dialog treten, um dieses Messen mit zweierlei Maß abzustellen.
Wie ehrlich. Wie gut gemeint. Wie naiv. Wobei ihm ein Trost bleibt: Verstanden hat den deutschen TV-Markt, sein duales System und die ganzen Sonderbedingungen inklusive jährlich aufgelegter Rundfunkänderungsstaatsverträge noch keiner der amerikanischen Investoren, die es bisher versuchten. Vom gescheiterten Viacom-Kinderkanal „Nickelodeon“ (1995–1998 im deutschen Kabel) bis zu Rupert Murdochs diversen Anläufen bei VOX oder tm3.
Vielleicht hätte man Saban zum Geburtstag auch einen Schnellkurs „German Media for Dummies“ überreichen sollen.