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Archiv-Artikel

sportler mit entblößungstrieb von RALF SOTSCHECK

Zum Fußball gehört Bier, zum Skispringen Glühwein und zum Tennis Champagner. Zu Gaelic Football und Hurling gehört es, sich nackt auszuziehen. Bei den beiden traditionellen irischen Sportarten geht es auf dem Feld ziemlich rauh zu. Im Januar verbrachten die Mannschaften aus Dublin und dem südirischen Kilkenny einen Urlaub in Kapstadt, um sich auf die anstrengende Saison vorzubereiten. Mitten in der Nacht sprang dann eine Mannschaft nackt in den Swimmingpool ihres Hotels, während die andere Mannschaft – korrekt bekleidet – mit Möbelstücken aus dem Hotel nach ihnen warf. Richard Bray, Geschäftsführer des Hotels „Cullinan Inn“, sagte, die Spieler seien „völlig außer Kontrolle“ geraten. „Wir mögen die Iren eigentlich als Gäste“, sagte Bray, „aber solches Benehmen können wir nicht dulden.“ Solches Benehmen ist aber nicht außergewöhnlich: Im vorigen Jahr spielte das Team aus Roscommon nach einem Auswärtsmatch im nordwestirischen Donegal eine Runde Poolbillard im Hotel. Die Spieler waren nackt. Die Vereinsleitung warf daraufhin die gesamte Mannschaft hinaus, holte sie aber wieder zurück, nachdem die Spieler versicherten, künftig nur noch unter der Dusche nackt aufzutreten.

Dem Verband ist das alles furchtbar peinlich. Die Gaelic Athletic Association (GAA) ist zutiefst konservativ. Sie ist 1884 von sieben Männern gegründet worden, die Schirmherrschaft übernahm damals der sittenstrenge Erzbischof Croke. Nach ihm ist das Dubliner Stadion Croke Park benannt. Der Verband wacht mit Argusaugen über die Reinheit der traditionellen Sportarten. Bei der GAA ist die Meinung weit verbreitet, dass Fußball ein Garnisonssport ist und ebenso wie Cricket, Rugby und Tennis nur von englischen Barbaren gespielt wird. Auf dem heiligen Rasen des Croke Park hat man solches Treiben noch nie geduldet. Den Mitgliedern war es bis vor gar nicht allzu langer Zeit sogar verboten, sich diese „barbarischen englischen Sportarten“ auch nur anzusehen.

Die Zeitungen fragen sich nun, warum GAA-Spieler sich nach der Einnahme größerer Mengen Alkohols unweigerlich ausziehen und sich fremden Sportarten wie Schwimmen und Billard hingeben. Das sei doch bei anderen Sportlern nicht der Fall, wunderte sich die Sunday Tribune. Ob es möglicherweise an der GAA-Verbotspolitik liege, fragte sich das Blatt, so dass die Spieler gar nicht wissen, was bei anderen Sportarten üblich ist? Bei den Hurling- und Football-Spielern werde der Ausziehzwang offenbar durch das Wort „Pool“ ausgelöst – ob es sich dabei um ein Schwimmbecken oder um einen Billardtisch handelt, scheint einerlei.

In Wirklichkeit ist Erzbischof Croke schuld an dem Entblößungstrieb. Neulich ist ein Pärchen nachts über den Zaun des Croke Park geklettert und zog sich wie aus dem Jenseits gesteuert umgehend auf dem heiligen Rasen aus. Der Nachwächter holte die Polizei. Das Gericht ließ die beiden ungeschoren, weil sie keinen Schaden angerichtet hatten. Schließlich hatten sie im Croke Park weder Fußball, noch Tennis oder gar Cricket gespielt.