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Jetzt sind doch alle froh, dass die Punksedimente nicht gestorben sind, bevor sie alt wurden. Sonst wäre vergangene Woche bei den „Buzzcocks“ nicht so gedrängelt worden, und sonst würde auch morgen nicht derart viel Schweiß die Scheiben der Astra-Stube beschlagen, wenn dort Jam Today durch ihr Repertoire hecheln. Die Hamburger Recken covern sich durch das Best-Of-Tape eines anglophilen Punk-Rockers und werfen mit den Hits von „Wire“, „Ruts“, „Members“, „Undertones“ und – natürlich – „The Jam“ nur so um sich. Das ist nicht jung, das ist ist nicht knackig und auch nicht innovativ, aber wer gerne Bier trinkt und sich bei vielen Konzerten inzwischen oft zu alt fühlt, der ist hier so goldrichtig, wie er tags darauf im Westwerk falsch wäre. Dort demonstriert Charles Curtis, dem man ansonsten als braven Cellisten im NDR Symphonieorchester begegnet, wofür sein Herz eigentlich schlägt: Die streng komponierte Minimalmusik seines Lehrers La Monte Young und einer Hand voll weiterer Avantgardisten. Dass der gebürtige Kalifornier Curtis inzwischen mit vielen von ihnen auf Augenhöhe rangiert, zeigt sich daran, dass nicht nur Young sondern auch Musiker wie Morton Feldman und Alvin Lucier mittlerweile Stücke für ihn schreiben. Cara Dillon lässt nicht schreiben, sie schreibt selbst. Oder nimmt sich Stücke aus dem britischen Folk-Canon. Auf ihrem Debüt finden sich Traditionals wie „Black Is The Colour“ oder „Maid Of Culmore“, und es findet sich darauf die Stimme, auf die Großbritanniens Folk-Community lange gewartet hat: So klar und unverdorben, dass jeder das Seine darauf projizieren kann. Genug jedenfalls, um gleich ein paar Preise zu gewinnen und mit den beiden folgenden Platten weit über schurwollige, zauselbärtige Folkkreise hinaus für Furore zu sorgen. Zumal Folk seit dem jungen Robert Zimmermann – äh – Dylan nicht mehr so vital war wie derzeit. Mit Rock‘n‘Roll, Hormonen, Schwitzen und Ohrensausen hat das natürlich nur sehr entfernt etwas zu tun. All das – und ein paar gute Songs dazu – gibt‘s aber bei Robocop Kraus. Die sind inzwischen mit ihrem Post-Punk-Space-Age-New-Wave so viel in aller Welt unterwegs, dass man sie kaum noch als Nürnberger bezeichnen mag, dabei legen sie mittlerweile vielleicht schon wieder Wert drauf. Sonst könnten sie ja nicht mehr damit hausieren gehen, die einzige deutsche Band auf Epitaph Records zu sein. Nicht die einzige norwegische, aber immer noch die wichtigste Band auf dem in Bergedorf ansässigen Label „Stickman“ sind die inzwischen zum Duo geschrumpften Motorpsycho. Am Dienstag in der Fabrik, für die, die immer noch nicht genug haben ...
GREGOR KESSLER/TAZ
Jam Today: 28. 4., 21 Uhr, Astra-Stube Charles Curtis: 29. 4., 21 Uhr, Westwerk Cara Dillon: 30. 5., 20 Uhr, Knust Robocop Kraus: 1. 5., 20 Uhr, Knust Motorpsycho: 2. 5., 21 Uhr, Fabrik