piwik no script img

Archiv-Artikel

soundtrack

Jetzt haben wir noch ein paar Tage lang die Stadt für uns, bevor die Freunde kommen. Jetzt ist die Zeit für große Gesten! Jetzt ist die Zeit für Soul! Das lange Wochenende beginnt schon heute Abend in der Pony Bar. Dort regiert Der Kosmische Souverän mit heftigem Soul-Groove. Diesen Superhelden- Namen hat sich Hamburgs humorfähigster Posaunist, Sebastian Hoffmann gegeben – und seiner Band natürlich. Nur fünf MusikerInnen, das reicht für den fettesten Curtis-Mayfield-Sound des Jahrtausends.

„Ich bin vom Dorf“ rappen C-Flow auf ihrem neuen Album „Brandstraße“- Street Credibility der anderen Art. Die vier jungen Frauen aus dem Norden Thüringens sind auch nach fünf Jahren im Geschäft noch authentisch und wissen Bescheid. Im Fundbureau spielen sie zu Gunsten des Frauenmusikzentrums f:mz, das seine Proberäume und Konzerte für Musikerinnen jetzt ohne öffentliche Förderung bereitstellen muss. Auf beiden Tanzböden gibt‘s dann noch die ganze Nacht lang Grime, D‘n‘B und HipHop/Reggae aus London. Beats gegen den Beust-Senat also irgendwie.

Zurück zum Soul – Jimi Tenor kommt mit seinem Rhythm Taxi in die Stadt. Der monomanische Finne ist noch am ehesten mit dem frühen Prince vergleichbar, als die Chöre noch wildere Kapriolen schlugen als der Arabesk-Star von nebenan. In Tenors Lesart des Soul fließt der Schweiß eine Spur kühler, doch die Tränen schießen ins Auge ob der funkelnden Details, die Tenor überall für seine Bigband versteckt hat. Da knispeln die Beats, gesellen sich mitunter ganze Sinfonie-Orchester dazu oder Sci-Fi-Synthis fliegen unter der Decke in Bereiche, die nie zuvor ein Mensch betrat. Die aktuelle CD ist von 2004, aber am Merchandising-Stand gibt‘s nicht nur coolste Tenorwear, sondern auch handgepresste Live-LPs aus Amsterdam, Riga, Helsinki.

Eine Legende ganz anderer Art ist Gunter Hampel. Einst war er der einzige deutsche Jazzer von Weltruf. Heute spielt er buchstäblich die Musik der ganzen Welt. Zum Beispiel HipHop, den der 69jährige Basecap-Träger in NYC kennen lernte und jetzt für die Tänzer seiner Music + Dance Company improvisiert, im Loft-Ambiente des Jazzclubs im Harburger Bahnhof. Anlass ist die Finissage von Hampels Gemälde-Ausstellung. Danach steigt man ganz urban ein Stockwerk tiefer in den Commuter Train S 3/31 nach Hause. Wo ist hier Provinz?

Die New Yorker von Tarantula AD hatten gehofft, mit ihrem Anti-Gospel-Song „If You Deny Me, I‘ll Be Lost“ als Hidden Track einen „Parental Advisory“- Sticker auf ihr Debüt-Album Book of Sand zu bekommen. Denn eigentlich spielen sie nur instrumental. Doch im frommen Amerika warf das Label die Zugabe einfach raus. Uns kanns egal sein, denn an der Reeperbahn greift keine Zensur gegen den Violoncello-Metal, den Gladiatorenfilm-Sound und die Fragen nach dem Ende der Zivilisation, die John Zorn nicht besser stellen könnte. TOBIAS RICHTSTEIG

Der Kosmische Souverän: Mittwoch 24. 5., 21 Uhr Ponybar

Rudel Records for f:mz: Samstag, 27. 5., 22 Uhr, Fundbuerau

Jimi Tenor, Dienstag: 30. 5., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich

Gunther Hampel: Dienstag, 30. 5. 18/20 Uhr, Stellwerk Harburg

Tarantula AD: Mittwoch, 31. 5., 20 Uhr, Molotow