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Archiv-Artikel

schwabinger krawall: stille nacht von MICHAEL SAILER

Der Hubsi hat gesagt, dass diese „Stade Zeit“ nur zu ertragen ist, wenn man sich die Birne zuschraubt, am besten auf einer Weihnachtsfeier. Der Jackie hat zugestimmt und gefragt, ob der Hubsi eine Weihnachtsfeier weiß. Da, hat der Hubsi gesagt, müsse man nur schauen, das sehe man von außen, und dann sage man eben, man gehöre dazu. Er wisse grundsätzlich auch noch die Feier von der Gräfin Dings zu Sausen, wo aber nur so Nasen wie die Glas und der Gauweiler rumschwirren, und auf so was habe er keine Lust.

Also sind sie die Hohenzollernstraße hinaufmarschiert, und tatsächlich war gegenüber vom „Renato“ ein Riesenzinnober im ersten Stock, wo man Gekicher und eine Jazzversion von „Stille Nacht“ gehört hat. Da sind sie hinauf und hinein, haben sich unter den Namen Duttenschlepp und Nelkenthal von der Gästeliste streichen lassen und geschaut, was so los ist.

Es war gar nicht viel los, weil die Hasen in der Minderzahl waren, also hat der Jackie fünf Gläser von einem Zeug getrunken, das wie Erdbeerduschgel ausgesehen hat, und dann den Hubsi gesucht, der inzwischen verschwunden war. Dabei hat er eine Dame kennen gelernt, sich als Doktor Duttenschlepp vorgestellt und gefragt, was sie so treibe. Die Dame hat gesagt, sie sei wegen dem bekannten Schriftsteller Professor Nelkenthal hier, der nachher eine ulkige Weihnachtsgeschichte vorlesen werde, und da hat der Jackie gemerkt, wie das Duschgel in seinem Bauch zu schäumen angefangen hat. Also hat sich der Jackie vor dem Klo angestellt, um den Rest von seinem achten Glas wegzuschütten, und wie die Klotür nach einer halben Stunde endlich aufgegangen ist, ist der Hubsi mit einer anderen Dame rausgekommen. Er wolle weg, hat der Jackie gesagt, und der Hubsi hat gesagt, jetzt gehe es doch erst los, und hat die Dame angezwinkert, die ziemlich besoffen war, dem Hubsi um den Hals gefallen ist und geschrillt hat, er sei echt eine Schau.

Dann hat aber ein älterer Herr die Frau „Elsa“ genannt und wollte sie vom Hubsi wegreißen; da hat sie zu heulen angefangen und der Hubsi die Ärmel hochgekrempelt und zu dem Herrn gesagt, sie könnten das seinetwegen gleich hier ausmachen. Derweil ist an der Tür ein Riesenstreit ausgebrochen, weil ein Mann mit einem Buch reinwollte und der Türhase ihm den Eintritt verwehrt hat, weil er entweder schon drin oder ein Betrüger sei. Da hat der Jackie gesagt, die könnten ihn alle am Arsch lecken, und hat auf den Boden gekotzt, und der Hubsi hat von dem Elsa-Herrn eine Watschen gefangen und geplärrt, er verklage ihn wegen Körperverletzung, und die Pappnasen, die seinen Freund vergiftet hätten, die verklage er auch alle miteinander.

Das solle er sich lieber überlegen, hat der Herr gebrüllt, das sei hier eine Anwaltskanzlei und er der Inhaber und seine Gäste seien allesamt Anwälte. Und weil der Mann mit dem Buch inzwischen getobt und der Jackie aufgeschnappt hat, man könne ihm ja wohl nicht die Teilnahme an seiner eigenen Lesung verweigern, wollte er den Hubsi packen, ist die Treppe hinuntergeflogen und hat erst beim „Renato“ gemerkt, dass er statt dem Hubsi die Elsa dabeigehabt hat. Das war aber dann auch nett und ihm genau betrachtet sogar lieber.