schurians runde welten : Männer im Flutlichtfieber
„Das war ein Etappensieg, mehr nicht.“ (Walter Hellmich, MSV)
Unterschicht, Oberschicht – beim Fußball geht es letztlich auch nur um Auf- und Abstiege. Ich mache damit gerade eine ganz neue Erfahrung: Meine Mannschaft ist dabei – wie heißt es so schön – ein gewichtiges Wörtchen mitzureden beim Aufstieg in die Erste Freizeitliga. Und ich habe schreckliches Lampenfieber.
Von Spieltag zu Spieltag wird es immer schlimmer. Vor den Meisterschaftsspielen gegen die Gegnerteams, die sich RS Fussek nennen oder SF Alkohol, muss ich nervös graues Kabinenklopapier benutzen. Beim Umziehen zerreißt es mich dann zwischen dem bangen Gar-nicht-spielen-wollen und der Motivation-bis-in-die-Haarspitzen, weil es nach zehn Jahren endlich um etwas geht. Mit dem Abstieg hatten wir nie etwas zu tun – was aber auch daran liegen mag, dass man aus der Zweiten Freizeitliga nicht absteigen kann.
Heute Abend spielen wir das Heimspiel auf einem Platz der passenderweise „Am Hausacker“ heißt. In der Kabine wird unser Spielertrainer seine übliche Ansprache halten. Es ist den meisten ziemlich peinlich, aber es verfehlt nicht seine Wirkung.
Der deutsch-polnische Nachwuchsmediziner wird uns also mit dem Klinsi-Tenor kommen. Uns nur noch „Männer“ nennen, an das Hinspiel erinnern, an die Aufstellung und an die vergangene Partie. „Männer“, wird er rufen, „Männer, wir führen mit zwei Toren, und dann kriegen wir noch drei Dinger – das darf nicht wahr sein?!“ Und natürlich hat er Recht.
Dann gehen wir lärmend raus auf den Hausacker, hell klappern die Stollen auf dem Pflaster. Vom Tippelsberg bläst ein frischer Wind herunter, schreiend kreisen Möwen und Krähen durch die Regenschwaden und im matten Licht verfliegt endlich das Flutlichtfieber.
29.10. Herne – Rheine
Arben Tahiri spielt für Westfalia Herne im Mittelfeld und am Wochenende hat er etwas Furchtbares erlebt. Sein Gegenspieler, Münsters Thomas Piorunek, habe „plötzlich abfällige Äußerungen getätigt“, erinnert sich Tahiri mit Tränen in den Augen. Piorunek habe zu ihm gesagt: „deinen Namen kennt doch keine Sau!“ Er, Piorunek, stünde hingegen für Qualität und wäre überall bekannt. Als Hernes Tahiri sich umgekehrt bei Kontrahent Piorunek nach Schulabschluss und Job erkundigte, sei es zum Eklat gekommen. Thomas Piorunek habe kurzerhand seinen blutenden Ellbogen an Tahiris Trikot abgewischt. Es hatte aber trotzdem ein gutes Ende für Hernes Mittelfeldler: „So eine Masche motiviert mich nur noch mehr“, sagt Tahiri: „Es hat mich richtig gefreut, die fertig gemacht zu haben.“
CHRISTOPH SCHURIAN