schulschwänzer : Billiger Populismus
Forderungen, Sozialhilfeempfängern wegen des ein oder anderen gesellschaftlichen Versagens die staatliche Unterstützung zu kürzen, sind immer eine Meldung wert. Jubel an Stammtischen und symbolisches Schulterklopfen der Boulevardpresse sind vorprogrammiert. Deshalb greifen Politiker, besonders wenn sie ansonsten sozialer Probleme nicht Herr werden, gerne zu dieser Forderung. Das hat jetzt auch Bildungssenator Böger (SPD) getan. Er will Eltern, die ihre Kinder nicht vom Schulschwänzen abhalten, die Stütze kürzen. Und eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg bringen. Doch eine solche Maßnahme ist sozial ungerecht und geht am Problem vorbei.
KOMMENTAR VON SABINE AM ORDE
Natürlich hat Böger Recht, wenn er kritisiert, dass sich immer mehr Eltern zu wenig um ihre Kinder kümmern. Doch dass man sie mit finanziellem Druck dazu bewegen kann, darf getrost bezweifelt werden. Denn Kinder, die notorisch die Schule schwänzen, sind ihren Eltern häufig schon entglitten. Diese Familien brauchen Unterstützung und keinen finanziellen Druck. Und: Es gibt durchaus auch Zehlendorfer Bürgersöhnchen, die ihren Alltag ganz nach eigenen Vorstellungen gestalten. Vielleicht kriegen die Eltern noch nicht einmal etwas vom Schulschwänzen mit. Warum soll man Sozialhilfeempfänger dafür finanziell bestrafen, gut verdienende Zehlendorfer aber nicht?
Doch beim Problem Schulschwänzer sind nicht nur Eltern, hier sind auch die LehrerInnen gefragt. Sie sehen zuerst, wenn ein Kind häufig fehlt. Sie müssen fragen, was die Ursache für das Fehlen ist. Und aktiv werden, wenn es soziale Probleme sind –oder am eigenen Unterricht liegt. Auch SozialarbeiterInnen – in Schulen und Schulschwänzerprojekten –haben hier wichtige Aufgaben. Für sie ist Bildungssenator Böger verantwortlich. Hier sollte er ansetzen im Kampf gegen Schulschwänzerei.