s-bahn-betriebsbündnis : Die WM ist keine Wunderwaffe
Ja, dürfen die denn das? Der S-Bahn-Betriebsrat hat das Heiligtum der Deutschen, die Fußball-Weltmeisterschaft, instrumentalisiert. Er hat im Streit um drohenden Arbeitsplatzabbau damit gedroht, einen Streik während der WM zu organisieren. Stehende S-Bahnen, überfüllte Busse, fassungslose Fußball-Fans zu Gast in Chaos-Deutschland – für die Unternehmensführung war dies ein Horrorszenario. Ja, dürfen die denn das? Natürlich. Denn der Drohung ist es zu verdanken, dass das jetzt geschmiedete betriebliche Bündnis wichtige soziale Regelungen enthält.
Kommentar von ULRICH SCHULTE
Wie Lobbygruppen die WM für ihre Zwecke einspannen, lässt sich täglich in der Stadt beobachten. Konzerne verschandeln den öffentlichen Raum mit Skulpturen, deren Ästhetik nur PR-Abteilungen erkennen. Politiker übertreffen sich mit Jubel-Prognosen. Hotels, Einzelhändler, Taxifahrer – die Liste der WM-Profiteure ist so lang wie die Laufbahn des Olympiastadions. Die Lobby der Beschäftigten wäre dumm, das Ereignis nicht für sich zu nutzen.
All die Hoffnungen, die sich auf die Fußball-WM projizieren, sind auf eine funktionierende Stadt angewiesen. Jeder Triebwagenführer sorgt mit seiner Arbeit dafür, dass der Verkehr umweltfreundlich fließt. Solch schlichte Tatsachen können manchen Vorständen nur anhand von Extremszenarien ins Gedächtnis gerufen werden. Die Streikdrohung war deshalb konsequent und gerechtfertigt.
Leider ist die Arbeitswelt so unlogisch, wie Fußball es manchmal ist: Denn taktisch haben die Arbeitnehmervertreter klug agiert, gepunktet hat aber die Unternehmensführung. Wenn man sich das Bündnis bei der S-Bahn genau anschaut, überwiegen für die Beschäftigten die Nachteile. Als Wunderwaffe hat sich die WM im Arbeitskampf nicht erwiesen.