rock and wrestling : Tüten voll Blut
Die rund 350 Zuschauer im bis zum letzten Meter gefüllten Hafenklang wurden am Freitag Abend Zeugen eines erneuten bizarren Kräftemessens der altmodischen Art. Die „Rock and Wrestling“-Veranstaltung des Komet aus der Erichstrasse (St. Pauli), der seit 2002 jährlich diese exquisite Trash-Veranstaltung durchführt, präsentierte bei tropischen Temperaturen und einer Luftfeuchtigkeit von mindestens 80 Prozent insgesamt sechs Kämpfe und drei Konzerte.
Muh Fumba, Haidi Hitler, Captain Penis, The One and Only, das Tag-Team Doomsdongsistas, Beastar Hase und Fussy Frog: Die Ringnamen der Wrestler lasen sich wie eine Auflistung alter Marvel-Comic Helden – und vor allem sahen sie auch so aus. Absurde Kostümierungen wie Leopardenfell, Glitzerumhänge, rosa Ganzkörperhasenanzüge, sowie ein drei Meter hoher, illegal teilnehmender Wrestling-Roboter – eingesetzt per Fernbedienung durch Captain Penis‘ Manager – garantierten eine fünf Stunden währende groteske Supershow. Spektakuläre Würfe, literweise Theaterblut, Bahnschranken und akrobatische Höchstleistungen der Maskierten sorgten für eine Atmosphäre, die den amerikanischen Wrestling-Veranstaltungen in nichts nachstand.
Gewinner des Turniers und damit neuer Besitzer des rund acht Kilo schweren Rock and Wrestling Wanderpokals (Vorjahressieger: Haidi Hitler) wurde durch eine knappe Entscheidung des Publikums und The Schiedsrichters schließlich Nik Neandertal, ein Holländer mit unklarer Vergangenheit. Baster Ruebsam, Inhaber des Komet und Turnier-Organisator sieht die monatelangen Vorbereitungen belohnt: „Das Publikum kommentiert jede Ringaktion und ist begeistert; dann haben wir auch unseren Spaß. Nächstes Jahr gibt es eine neue Show,“ sagt er außer Atem und wischt sich über das verschwitzte Gesicht. „Aua!“ fügt er hinzu und deutet auf The Black Jesus, der gerade mehrmals von Lobo del Rio durch die Luft gewirbelt wird und mit lautem Krachen auf dem Ringboden landet.
Woher die maskierten Helden kamen, bleibt allerdings weiterhin mysteriös. (Obwohl gemunkelt wird, dass viele der Kämpfer große Ähnlichkeit mit dem Thekenpersonal einiger St. Pauli Kneipen hatten.) Eilig in die Welt gesetzten Gerüchten zufolge kehrte Lobo del Rio alsbald zurück in die Weiten der mexikanischen Wüste, Muh Fumba wurde angeblich kurze Zeit später im afrikanischen Dschungel gesehen, und Nik Neandertal startete unmittelbar nach dem Turniersieg eine Aufsehen erregende Karriere als Schlagersänger. Doch schon nächstes Jahr werden die burlesken Gladiatoren zurückkehren, um erneut mit allem, was sie haben, um den Pokal zu kämpfen.
Johnny Stardust