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Archiv-Artikel

richard rother über den klimawandel im kleinen Saubermänner, die im Regen stehen

Ein Ausflug zu einem der vielen schönen Seen im Berliner Umland ist immer lohnenswert – auch bei Witterungsverhältnissen, die in der Region gern als Piss- oder Sauwetter bezeichnet werden. Zwar sind diese Begriffe angesichts der Debatte um Klimaerwärmung und Versteppung nicht mehr zeitgemäß. Aber sie sitzen fest in den Köpfen.

Mir machte an diesem Abend das regnerische Wetter wenig aus: erst einen Dauerlauf am See absolvieren und dann in die kühlen Fluten springen – das ist einfach herrlich! Und wenn man dann in der Mitte des Sees, nach Osten blickend, einen Regenbogen über grünen Wäldern entdeckt, weil sich die tief stehende Sonne kurzzeitig durch die Wolken kämpft, geht einem so richtig das Herz auf. Ohne Regen kein Regenbogen – um das zu begreifen, braucht man nicht einmal Physik-, sondern nur rudimentäre Sprachkenntnisse.

Als ich zum Ufer zurückkam, hatten sich trotz des feuchten Wetters zwei weitere Seebesucher eingefunden: ein älterer Herr, der sich auszukleiden begann, und ein etwas jüngerer Wanderer, der keinerlei Anstalten machte, in den See zu hüpfen.

„So ein Mistwetter!“, begann der Wanderer eine kleine Konversation, die er offenbar auf seinem einsamen Marsch vermisst hatte. „Wieso?“, stieg der ältere Herr bereitwillig ein, „das ist doch besser als die Hitze im letzten Jahr, als der halbe See austrocknete und die Algen nur so blühten.“

„Da haben Sie auch wieder Recht“, entgegnete der Wanderer. „Außerdem sorgt der Regen dafür, dass nicht Hinz und Kunz herkommen, die Ufer zertrampeln und ihren Müll liegen lassen.“ Der ältere Herr nickte beifällig.

In der Tat sah die Badestelle an diesem Abend ungewöhnlich sauber aus: Zwei, drei weggeworfene Kippen und eine leere Chips-Verpackung – mehr Müll lag nicht herum. Das war, verglichen mit dem letzten Sommer, sehr, sehr wenig – ganz zu schweigen von den Blechbergen, die zu den Zeiten, als es noch kein Dosenpfand gab, den Wald zierten.

Ich lief zu meinen Sachen, um mich abzutrocknen. Die Unterhaltung der beiden konnte ich wegen der Entfernung nur noch bruchstückhaft verfolgen. Der Begriff „Klimawandel“ fiel, auch eine ungläubige Antwort, die aus den Worten „Kieken Sie doch mal zum Himmel!“ bestand.

Da ich mir abgewöhnen will, zu allem einen Kommentar abzugeben, behielt ich meine Gedanken für mich: Wetter ist nicht gleich Klima – wenn es bei uns kühl ist, ist es woanders möglicherweise warm. So auch derzeit: Das West- und Mitteleuropa beherrschende Tiefdrucksystem wird von hohem Luftdruck im Norden gestützt. Die Folge: Während wir gut zwei Wochen lang fröstelten, herrschte in Nordrussland eine Hitzewelle mit Temperaturen über 30 Grad. Klimaveränderungen sieht man erst, wenn man über einen längeren Zeitraum größere Gebiete betrachtet.

Dem See hat der viele Regen gut getan, wie unter dem Steg am Ufer zu erkennen ist: Wo sonst ein halber Meter Platz ist, sind es nur noch rund 30 Zentimeter. Dies fiel auch dem älteren Herrn auf, bevor er Abschied vom Wanderer nahm. Auf dem Heimweg begegnete ich dem älteren Saubermann, dem das unvermüllte Ufer so am Herzen lag, noch einmal. Er stieg in seinen Mittelklassewagen, den er illegal am Waldrand geparkt hatte, und fuhr zügig davon.

Richard Rother

Das Wochenendwetter: sonnig und warm, später heiß Der Tipp: Ausflugswetter! Und lassen Sie etwas warme Luft in die Wohnung, Mittwoch wird es wieder kühl.