reform-grenzen : Keine Jobs ohne Boom
Wir sind wieder wer – Deutschland ist der Exportweltmeister des Monats August. Wir haben die USA auf den zweiten Platz verwiesen, wie die internationalen Organisationen nun festgestellt haben. Die Globalisierung mag ja eine Falle sein, aber nicht für uns: Die Deutschen und ihr Arbeitsmarkt profitieren vom liberalisierten Welthandel.
Kommentarvon ULRIKE HERRMANN
Doch diese Erkenntnis nehmen anscheinend nur die Experten für den Außenhandel wahr. Die innenpolitsche Debatte bleibt von den permanenten Exporterfolgen unbeeinflusst. Da wird weiter so getan, als sei die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwer in Gefahr. Globalisierung ist ein Lieblingsschlagwort von Wirtschaftsminister Clement, wenn es gilt, die Arbeitsmarktreformen der Hartz-Gesetze zu verteidigen.
Gestern nun wurden sie von der SPD-Fraktion einstimmig abgesegnet, die Kanzlermehrheit steht also bei der Abstimmung im Bundestag am Freitag. Das führt zu der grundsätzlichen Frage: Was bringen die Reformen eigentlich wirtschaftlich, wenn der Export schon jetzt floriert?
Die Antwort ist schlicht: Die neuesten Arbeitsmarktgesetze werden die deutsche Wirtschaftsleistung nicht beeinflussen, jedenfalls nicht positiv. Das liegt in der Logik des Systems. Wenn die Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe reduziert wird, dann profitieren nur die Staatskassen. Schließlich sind beiden Leistungen steuerfinanziert. Man könnte es auch so sagen: Die Kürzungen bei den Langzeitarbeitslosen tragen dazu bei, dass der Spitzensteuersatz sinken kann.
Aber werden nicht wenigstens irgendwie irgendwo neue Stellen entstehen, wenn verschärfte Zumutbarkeitsregeln die Langzeitarbeitslosen in Minijobs zwingen? Auch das ist nicht ernstlich zu erwarten. Aus einem durchaus paradoxen Grund: Die Minijobs funktionieren bereits jetzt bestens. Die Arbeitslosen werden gar nicht gebraucht, um sie zu besetzen. Es gibt genug Studenten, Hausfrauen und Beschäftigte, die noch etwas hinzuverdienen – und sie werden von den Arbeitgebern bevorzugt.
Alle Reformen enden immer wieder an dem gleichen toten Punkt: Viele neue Jobs für Langzeitarbeitslose gibt es nur, wenn die Wirtschaft stark und lange wächst. Nun ist gar nicht auszuschließen, dass sich die Konjunktur wieder belebt. Auszuschließen ist jedoch, dass die Schlagworte Konjunktur und Hartz etwas gemeinsam haben. Genauso sicher ist allerdings, dass die Regierung ebendies behaupten wird.