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Archiv-Artikel

raf-ausstellung Populismus und Bilderverbot

In Berlin tobt eine Debatte um eine RAF-Ausstellung, die es noch nicht gibt. Worum geht es? Erst einmal um eine Kampagne von Bild und einigen profilsüchtigen Politikern, die die Empfindungen von zwei Angehörigen von RAF-Opfern ausnutzen.

Kommentar von STEFAN REINECKE

Und sonst? Es gibt, eher im Hintergrund, eine wichtige, komplizierte Frage, die von dem Radau, den Merz & Westerwelle machen, übertönt wird: Welche Rolle sollen die Zeitzeugen in der Ausstellung und der kollektiven Erinnerung spielen? Welchen Einfluss sollen die Angehörigen der RAF-Opfer auf die Inszenierung der RAF-Geschichte haben? Sollen sie welchen haben?

Viele bundesdeutsche Linke haben sich ziemlich lange um die Frage der Opfer gedrückt – das stimmt, oder genauer: Es stimmte. Viele haben sich schon vor gut 15 Jahren aus nackter Erschöpfung von dem RAF-Thema abgewandt. Ein kleinerer Teil hat in einem komplizierten Lernprozess die ideologischen Schützengräben von 1977 überwunden. Dass man die Geschichte der RAF nicht ohne die Geschichte ihrer Opfer erzählen kann, ist mittlerweile, jenseits der völlig Verbohrten, Common Sense.

Doch wie weit soll der Einfluss der Angehörigen reichen? NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau meint, die Ausstellung dürfe keinesfalls von „Angehörigen der Opfer als Zumutung“ empfunden werden. Klingt erst mal gut, ist aber ziemlich kompliziert: Die Empfindung von Zumutung ist ein weites Feld.

Zur Geschichte der RAF gehört die Faszination von Gewalt, Härte und Entschlossenheit. Dazu gehört, dass 1971 ein Viertel aller unter 25-Jährigen Sympathien für die RAF hatte. Dazu gehört die protestantische Moral von Gudrun Ensslin, ohne die die Hybris, die Selbstermächtigung der RAF und schließlich ihre Killermentalität kaum zu begreifen sind. Dazu gehört auch das Leid der Angehörigen der RAF-Gefangenen. All das mag ein Angehöriger eines RAF-Opfers vielleicht als Zumutung empfinden. Ein gültiges Kriterium für eine Ausstellung kann dies nicht sein: für eine historische Ausstellung nicht, erst recht nicht für Kunst. Denn mit einer straff an moralische Eindeutigkeit gekoppelten Ästhetik kann man keine interessante, produktive, streitbare Ausstellung inszenieren. Ob und wie Moral und Ästhetik sich hier austarieren lassen, wird man nur am fertigen Produkt, an der Ausstellung, beurteilen können. Wer moralische Rücksicht zum letztgültigen Kriterium macht, der zielt schlussendlich auf Bilderverbote.

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