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■ Die Anderen"Stuttgarter Nachrichten" / "Leipziger Volkszeitung" / Allgemeine Zeitung" / "Welt"

Die „Stuttgarter Nachrichten“: 1999 feiert die Bundesrepublik den 50. Geburtstag des Grundgesetzes, den Jahrestag der besten und freiheitlichsten Verfassung in der Geschichte der Deutschen. Wir können heute voller Stolz sagen: Wir haben ein Modell geschaffen, das sich bewährt hat. 50 Jahre Grundgesetz: Das ist die Wurzel, aus der viele Ereignisse des kommenden Jahres gewachsen sind. Der Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin wäre ohne das Grundgesetz, ohne den Garanten für demokratische Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand, nicht möglich gewesen. Die Berliner Republik wird deshalb in ihrer Wurzel keine andere sein, selbst dann, wenn sie politisch andere Akzente setzt.

Die „Leipziger Volkszeitung“: Die Ostdeutschen gehen, das belegen Umfragen, weitaus optimistischer ins neue Jahr als ihre Landsleute zwischen Harz und Rhein. Aber auch bundesweit überwiegt die Zuversicht. Sie ist ein Vertrauensvorschuß vor allem an die als Neue Mitte gewählte rot-grüne Regierung. Die muß zeigen, wie rot, wie grün, wie realistisch und kooperationsfähig sie ist, um ihr größtes und vom Bundeskanzler in seiner Neujahrsansprache als wichtigstes Ziel seiner Politik bekräftigtes Versprechen einzulösen: die Arbeitslosigkeit zu senken. Dieser Optimismus ist ein Vertrauensvorschuß auch darauf, daß die Mächtigen der Wirtschaftswelt erkennen: Nach dem Niedergang von Kommunismus und Sozialismus hat die soziale Marktwirtschaft nur noch einen ernsthaften Feind: die brutale Marktwirtschaft.

Die „Allgemeine Zeitung“ aus Mainz: Auch wenn den Deutschen die Zuversicht nicht aus den Augen sprüht, mehrheitlich geht es ihnen gut, und sie haben allen Grund, optimistisch über die Schwelle des neuen Jahres zu treten. Daß aber immerhin noch 40 Prozent skeptisch in die Zukunft blicken, hat wohl weniger mit dem schwerblütigen Nationalcharakter zu tun als mit verschobenen Maßstäben. Wohlstand und soziale Sicherheit sind relative Begriffe geworden, die sich mit wachsenden Ansprüchen verändern. Einig sind sich die Deutschen in Ost und West aber in der Sorge über die Massenarbeitslosigkeit. Schröder wird daran gemessen werden, ob er tatsächlich die Weichen für einen Abbau der Arbeitslosigkeit stellen kann.

Die „Welt“ aus Berlin: Andere Republiken – man denke an die USA oder Frankreich – sind durch willentliche, mehr oder minder pompöse Gründungsakte entstanden, die bald alljährlich gefeiert wurden und in die sich viel an Symbolik hineinlegen ließ. Wir machen's anders: Der wahrscheinlich folgenreichste Umbruch der deutschen Nachkriegsgeschichte findet statt, indem das politische Personal seine Bonner Zelte abbricht und in Berlin ganz geschäftsmäßig neue bezieht.

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