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"Liebe taz..."Falsche Zeugen gegen Jehovas Zeugen -betr.: Leserbrief "Eklige Details", taz-Bremen vom 19.9.1997

Betr.: Leserbrief „Ekelige Details...“, taz 19.9.

Am 25.9. ging in Bremen-Vegesack die Ausstellung „Die vergessenen Opfer – Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime“zu Ende. Es war eine Ausstellung, die von ca. 3000 interessierten Personen besucht wurde und allgemein Lob und Anerkennung gefunden hat.

Bürgermeier Dr. Henning Scherf, der die Eröffnungsrede hielt, schloß mit den Worten: „Wenn die großen Kirchen sich so verhalten hätten wie in der Nazizeit die Zeugen Jehovas, dann wäre es nicht zu den Massenmorden der Nazis gekommen. Da ich zu diesen Kirchen gehöre, sage ich dies mit aller Nachdenklichkeit, weil ich denke, die Zeugen Jehovas haben mit diesem Zeugnis, mit diesem Märtyrerzeugnis, ein unübersehbares, ja vorbildliches Beispiel gesetzt, an dem die anderen sich abarbeiten müssen.“

Angesichts dieser Worte und jahrelanger wissenschaftlicher Forschungsarbeit befremdet es mich doch sehr, daß Herr Jens Müller in seinem Leserbrief vom 19.9.97 behauptet, Zeugen Jehovas hätten sich 1933 bei dem Hitler-Regime angebiedert. Dies aus der einem Brief entnommenen Anrede „Hochverehrter Reichskanzler“zu schließen, läßt doch einen Mangel an Objektivität erkennen.

Dann diese diffamierende Aussage, die „Oberhirten“der Zeugen Jehovas hätten sämtliche Mitglieder an die Gestapo verraten. Zum einen gibt es bis heute bei den Zeugen Jehovas keine „Oberhirten“. Zum anderen entspricht die Aussage nicht der geschichtlichen Wahrheit. Wenn hier auf Gestapoprotokolle verwiesen wird, dann frage ich mich, was man von Leuten halten soll, die dem mehr Glauben schenken als unbescholtenen Bürgern, die unter dem Naziregime zu leiden hatten. Besonders peinlich wird die Sache, wenn als Beweismittel der Sektenbeauftragte einer Kirche angeführt wird, mit deren Hilfe,ob aktiv oder passiv, dieses mörderische Regime überhaupt an die Macht kommen konnte.

Siegfried Albuszies

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