: "Liebe taz..." Teures Mobbing - betr.: "Einer ist der Sündenbock", taz vom 20.1.1997
Betr.: „Einer ist der Sündenbock“ taz, 20.1.97
Das Thema Mobbing ist sicher unangenehm. Schon immer hat es Psychoterror am Arbeitsplatz gegeben. Seitdem der Kostendruck viele Unternehmen und Verwaltungen dazu zwingt, mit weniger Personal effektiver zu arbeiten, hat unter den Mitarbeitern für die verbleibenden Personalstellen ein verstärkter Verdrängungswettbewerb eingesetzt. Nach vorsichtigen Schätzungen soll ein Mobbing-Opfer durch Produktionsausfall, schlechtere Leistungen, ärztliche Behandlungskosten sowie Minderleistungen der Täter, die ihre Arbeitszeit aufs Mobben statt auf die Arbeit konzentrieren, rund 30.000 bis 100.000 DM kosten. Auf die Gesamtwirtschaft der Bundesrepublik umgerechnet würde dies einen jährlichen Schaden von 30 Mrd. DM bedeuten.
Wer bezahlt diesen Frust am Arbeitsplatz? Erstens die Unternehmen (Arbeitgeber), zweitens die Krankenkassen. Die Lohnnebenkosten in Form der Krankenkassenbeiträge könnten erheblich gesenkt werden, wenn das Problem Mobbing am Arbeitsplatz im Griff wäre. Auch die Fehlzeiten der Mitarbeiter lassen sich so reduzieren. Insofern sollten gerade Betriebsräte und Unternehmen höchst eigennützig das Thema Mobbing begreifen. Man sollte sich immer vor Augen führen, daß das wertvollste Gut der Unternehmen und Verwaltungen die eigenen Mitarbeiter sind.
Klaus Jürgen Lewin
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