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"Liebe taz..." Keine Unmutsäußerungen! - betr.: "Hochspannung wie in Hollywood", taz vom 25.11.1996

Betr: Artikel „Hochspannung wie in Hollywood“, taz vom 25.11.1996

Bei welcher Preisvergabe-Veranstaltung waren Sie eigentlich? Von einem „ungläubigen Staunen im Parkett“ war nichts zu spüren, es gab keine Unmutsäußerungen von Szene-Kennern und Theaterprofis, sondern herzlichen Publikumsapplaus, und alle mir bekannten Theaterprofis haben mir persönlich zum Preis (für „Orlando Nuñez oder Die Firma verzeiht einen Augenblick des Wahnsinns“; Anm. d. Red.) gratuliert. Allen, die das Stück gesehen hatten, war eigentlich klar, daß diese Inszenierung von der Qualität her preisverdächtig war.

Richtig übel wird der Artikel dort, wo der Jury der Theaterverstand abgesprochen wird. Fünf unabhängige Juroren haben sich, nachdem sie sich alle Produktionen angesehen haben, mit vier zu einer Stimme für die Prämierung unseres Wettbewerbsstückes entschieden. Diese Jury wollte nun offensichtlich keine Gerechtigkeit, sondern Provokation?

Niemand aus der Jury hat öffentlich geäußert, daß die Begutachtung von 18 teilnehmenden Stücken eine „Tortur der Kunstbetrachtung“ gewesen sei. Die Behauptung, die Jury hätte sich bei der Preisvergabe dafür gerächt, ist völlig aus der Luft gegriffen. Auch die Behauptung, der Jury wurde bei der Besichtigung der Stücke so viel zugemutet, „daß es dem Vernehmen nach beinahe zu Handgreiflichkeiten zwischen Veranstaltern und Jury-Mitgliedern gekommen sein soll“, erscheint total unglaubwürdig, boten doch Jury und Veranstalter bei der Preisverleihung ein friedliches Miteinander.

Ich selbst habe mir im Festival die meisten Produktionen mit Interesse angesehen, bin auch ein Szene-Kenner und Theaterprofi und konnte feststellen, daß die Arbeit der Freien Theater in Bremen bei starker Konkurrenz aus ganz Deutschland gut abschneidet, und dies nicht, weil die Produktionen der anderen so schlecht sind, sondern weil die Bremer Freien gutes Theater machen.

Reinhard Lippelt, Schnürschuh-Theater, Regisseur des preisgekrönten Stückes

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