: "Liebe taz..." Heilmittel kein Luxus betr.: "KrankengymnastInnen vor dem Aus", taz-Bremen vom 18.11.1996
Betr.: „KrankengymnastInnen vor dem Aus“, taz vom 18.11.1996
Wann sehen die Kassen endlich ein, daß Heilmittel nicht wie ein Luxus behandelt werden dürfen, sondern unerläßlicher Standard für die adäquate Behandlung von Krankheiten und Behinderungen sind? Wenn wir dahinkommen, daß Krankheit und Behinderung in die individuelle Verantwortung der einzelnen/ des einzelnen gestellt werden, dann ist es nicht mehr weit, bis es sich viele „nicht mehr leisten“ können, krank/ behindert zu sein.
Es geht hier nicht nur um die Kürzung der Heilmittel, sondern auch um die gesellschaftliche Verantwortung für ein individuelles Grundrecht , das durch die Ökonomisiserung systematisch unterhöhlt wird. Bei Fortschreiten der oben angedeuteten Entwicklungen steht zu befürchten, daß ökonomische Kriterien moralisch/ ethische Erwägungen verdrängen. Hiermit wird ein Prozeß eingeleitet, an dessen Ende die Selektion von menschlichem Leben nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattfinden kann. Noch sind wir nicht so weit, aber das Denken, welches hinter dieser Art der Selektion steht, ist bereits in der heute geführten Gesundheitsreformdebatte erkennbar. Eine Gesellschaft, die den Anspruch hat, sozial zu sein, darf eine derartige Ausgrenzung nicht hinnehmen.
Carmen Klement
Jochen Goens
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