: "Liebe taz..." - Keine Nägel ohne Köpfe machen, betr.: "Gesundheitsladen überrollt?", taz vom 9.7.1997
Betr.: „Gesundheitsladen überrollt?“, taz v. 9.7.1997
Ausdrücklich zu begrüßen ist, daß nicht mehr nur die Gesundheitssenatorin die Stärkung des Patientenschutzes befürwortet, sondern daß offenbar einige bisherige Skeptiker aus den Reihen der Anbieter von Gesundheitsleistungen mitmachen. Die Patientinnenstelle konnte eine solche Akzeptanz nie erreichen, und sie hat sich überdies im letzten halben Jahr durch einige Fehlhandlungen selbst ins Abseits manövriert. Aber mir fallen bei der geplanten Lösung einige Punkte auf, die ich für bedenkenswert halte: 1. Wer sich als Patient geschädigt fühlt, braucht rechtliche Unterstützung – Patienten sind und bleiben immer noch die Schwächsten im Gesundheitssystem. Ihre individuellen Rechte durchzusetzen, darf nicht nur den niedergelassenen Rechtsanwälten vorbehalten bleiben. 2. Einen hohen Stellenwert soll die Bündelung und Bearbeitung von Beschwerden haben. Wunderbar! Eine solche Aufgabe – der Aufbau eines externen Beschwerdemanagements – erfordert wissenschaftlich ausgebildete, politisch denkende, mutig handelnde und innerlich wie äußerlich unabhängige Persönlichkeiten.
Und drittens: Zwei Teilzeitstellen reichen für diese komplexen Aufgaben nicht aus. Vor allem wenn auch noch über Behandlungsmöglichkeiten informiert werden soll, müssen für ganz Bremen mindestens drei bis fünf volle Stellen geschaffen werden. Eine vergleichbare Einrichtung – der Patientenbeauftragter in Wien – hat für dreimal soviel Einwohner mehr als zehn Personalstellen eingerichtet und berät über 7.000 Menschen im Jahr. Bremen sollte also auf jeden Fall keine Nägel ohne Köpfe machen.
Christoph Kranich, Hamburger Verbraucher-Zentrale
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