■ Die Anderen: "Kommersant Daily" (Moskau) schreibt zur russischen Politik im Kosovo / Die Regionalzeitung "Sud-Quest" (Bordeaux) kommentiert die Aufhebung der Immunität Le Pens / Die "Times" über IWF / "Le Monde" meint zu Bill Clinton
„Kommersant Daily“ aus Moskau schreibt zur russischen Politik im Kosovo-Konflikt: Die Nato hat ihre Bereitschaft erklärt, in den nächsten Stunden Jugoslawien zu bombardieren. Moskau unternimmt verzweifelte Versuche, das zu verhindern. Die Situation im Kosovo beschäftigt den Kreml sogar mehr als die Probleme der russischen Wirtschaft. Belgrad drängt Moskau im ungeeignetsten Augenblick zur Konfrontation mit dem Westen. Aber die Bemühungen der russischen Diplomaten werden nur Erfolg haben, wenn Milošević das will. Wenn er und der Westen sich einigen, verspielt Rußland doppelt: Es hat sich mit dem Westen zerstritten, und die Nato interveniert im Kosovo.
Die Regionalzeitung „Sud-Ouest“ aus Bordeaux kommentiert die Aufhebung der Immunität des Chefs der rechtsextremen Front National, Jean-Marie Le Pen, durch das Europaparlament: Wie sollte man in dieser Entscheidung nicht den klaren Ausdruck des europäischen Gewissens sehen, eine Botschaft ohne Doppeldeutigkeit, gerichtet an all jene, die meinen, es sei heute nicht mehr nötig, ohne Gnade diejenigen zu verfolgen, die den Haß säen, der unserem Kontinent die schlimmsten Erfahrungen eingebracht hat. Es ist nicht viel Weitblick vonnöten, um die Bedrohung durch den Rassismus und Fundamentalismen jeglicher Ausrichtung zu sehen, die nach wie vor Europa bedrohen.
Die Londoner „Times“ schreibt zur Jahrestagung des IWF: Das Schlimmste kommt erst noch – und das könnte sehr schnell geschehen. Inzwischen wird überall ein Rückgang des Wachstums erwartet. Die deutliche Lehre aus vorangegangenen Krisen muß sein, daß politische Fehlentscheidungen einen Anfall von Risikofeindlichkeit in eine Depression verwandeln können. Die zweifellosen Vorteile eines freien Kapitalflusses können besser vor bösen Pannen geschützt werden, aber das Wachstum durch freie Marktwirtschaft kann und darf nicht von Risiken getrennt werden. Politische Aufgabe ist, weltweit die Unterstützung der Normalbürger für freie Märkte und letztendlich für freie Regierungen aufrechtzuerhalten.
„Le Monde“ aus Paris meint zu Bill Clinton: Der Präsident hat unter Eid über seine Beziehung zu Lewinsky gelogen. Vielleicht hat er auch versucht, Beweise verschwinden zu lassen, sich sogar mit Lewinsky verschworen, um ihr Abenteuer geheimzuhalten. Das alles will man ja gerne glauben. Doch es fällt schwer zu glauben, daß all das der Einleitung des außergewöhnlichsten Verfahrens angemessen ist, das die Verfassung für das gesunde Gleichgewicht der Kräfte vorsieht. Es würde die Überzeigung nahelegen, daß die Maßstäbe des öffentlichen Lebens der USA verkorkst sind. Etwas zutiefst Ungesundes bei diesem wahnhaften Zwang, Transparenz in einer privaten Sache zu fordern. Etwas, das Angst einflößt.
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