piwik no script img

"Hart am Rande der Legalität" -betr.: Wo die Kammer-Millionen versickerten, taz 5.2.96

Betr.: Wo die Kammer-Millionen versickerten, taz 5.2.

Die Angestellenkammer ist nicht erst seit jüngerer Zeit in der Diskussion. Schon vor dem Prüfungsbericht des Rechnungshofes war das Desaster um die Kammer Tochter, das Berufs-Bildungsinstitut (BBI) bekannt, und die Kammer versuchte intern, sich von dem damaligen Abteilungsleiter und BBI-Geschäftsführer G. zu trennen – das Arbeitsgerichtsverfahren läuft bekanntlich immer noch.

Zu den jetzigen Verantwortlichkeiten ist folgendes zu sagen: Die Kammer hat einen hochbezahlten Geschäftsführer, der offensichtlich nicht in der Lage gewesen ist, den damaligen Vorstand – in dem die Kollegin Ziegert noch nicht vertreten war – auf die Konsequenzen der hart am Rande der Legalität (oder bereits darüber hinaus) praktizierten Geschäfte des BBI hinzuweisen.

Daß damals der DGB „unerträglichen Druck“ auf die Geschäftsführung ausübte, um diese Aktivitäten durchzusetzen, behauptet nicht einmal Fehrmann. Sicher hat auch die „DGB-Fraktion“ im Kammervorstand unglücklich agiert, der größte Fehler war aber mit Sicherheit, nicht gleich nach dem Bekanntwerden der Tatsachen zum BBI den Kammergeschäftsführer samt seinem Abteilungsleiter in die Wüste zu schicken.

Wer nach dem Prinzip „höher, schneller, weiter“ unbedingt immer neues ausprobieren will, um die eigene Reputation und/oder den eigenen Geldbeutel aufzupolieren, soll dies gefälligst mit eigenem Risikokapital tun und nicht mit den Zwangsbeiträgen von Kammermitgliedern.

Die Rolle der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) in diesem Konflikt ist höchst durchsichtig: nie haben DGB-Gewerkschaften einen derartigen „closed shop“ praktiziert, wie seinerzeit, als die DAG als Splittergewerkschaft den alleinigen Einfluß in der Kammer hatte.

Der Neid, hier nicht mehr direkt an den Futtertrögen zu sitzen, ist allzu deutlich.

Zur Zukunft der Kammer(n), die leider unter den gegenwärtigen Querelen nicht mehr politisch, sondern nur noch taktisch diskutiert wird, läßt sich eigentlich nur eine Position vertreten: Es gibt keinen einzigen stichhaltigen Grund für die Beibehaltung von zwei Kammern.

Gerhard Scholz, Pflicht-Mitglied der Angstelltenkammer und (freiwilliges) ÖTV-Mitglied.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen