■ Die Anderen: "Haaretz" (Israel) kommentiert doe Konferenz über Holocaust-Vermögen / "Le Nouvel Observateur" über das Verhältnis Frankreich - Deutschland / Der "Guardian" kommentiert die deutsch-britischen Spannungen
Die israelische Zeitung „Haaretz“ kommentiert die Konferenz über Holocaust-Vermögen in Washington: Es ist gerade der Erfolg, besonders hervorstechend die Einwilligung der Schweizer Banken, 1,25 Milliarden Dollar an Entschädigung zu zahlen, der paradoxe Fragen aufwirft. Je größer die Beträge werden und je länger ihre Verteilung aufgeschoben wird, desto weniger Holocaust-Überlebende bleiben am Leben. Sehr alte Überlebende beklagen diese Tatsache immer wieder. In den nächsten Jahren werden sich Milliarden Dollar in Fonds häufen, die von Funktionären und Bürokraten verwaltet werden, die – mit allem Respekt für ihren guten Willen und ihre Errungenschaften – von niemandem gewählt oder autorisiert worden sind, über das Management oder die Verteilung dieser Gelder zu entscheiden. Wer soll nun von den bereits ausgezahlten Geldern profitieren sowie von denen, die noch erkämpft werden? Individuelle Verteilung ist sehr kompliziert und zeitaufwendig. Aber das Ziel sollte klar sein: So schnell wie möglich betagten und kranken Holocaust- Überlebenden dabei helfen, ihre Lebensqualität in den letzten ihnen verbleibenden Jahren zu verbessern.
Das Nachrichtenmagazin „Le Nouvel Observateur“ meint, daß trotz britischer Konkurrenz weiterhin Frankreich Deutschlands wichtigster Partner sein wird: Kann das deutsch-französische Paar noch der Motor Europas sein? Wird die Achse Bonn–Paris durch ein Dreieck Bonn–London–Paris abgelöst? Die bisherigen Diskussionen reichen nicht aus, um dies zu beurteilen. Aber eine Sache ist sicher: Drei Wochen vor dem Start des Euro ist Großbritannien nicht bereit, Frankreich in seiner Rolle als bevorzugter deutscher Partner abzulösen. Während sich Lionel Jospin und Gerhard Schröder, beide Anhänger eines integrierten Währungs-Europa, für eine schnelle Harmonisierung der Steuern einsetzen, will England diesen Vorstoß torpedieren, weil dadurch seine Sonderrolle in Frage gestellt wird. Damit schließt es sich erneut von der europäischen Führerschaft aus, von der es träumt.
Die deutsch-britischen Spannungen über den Fortgang der europäischen Integration und die Rolle von Oskar Lafontaine kommentiert der britische „Guardian“: Dies ist für die Regierung die schlechteste Woche seit ihrem Amtsantritt. Zum ersten Mal hat sie die Kontrolle über ein großes politisches Thema verloren. In Deutschland wird Bundeskanzler Gerhard Schröder von Oskar Lafontaine an der Durchsetzung einer Politik gehindert, die im Grunde den Vorstellungen von Premierminister Tony Blair ähnlich ist. Wenn Bundeskanzler Schröder die neue deutsche Euro- Rhetorik nicht stoppt, könnte Lafontaine eine Menge Schaden anrichten. Und davon hätte niemand einen Vorteil.
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