querfrontträume: Hufeisen im Hohen Haus
Ausgerechnet Mittwoch: Am dem Extremismus weitestmöglich fern liegenden Tag der Woche also trug sich in Hamburgs Bürgerschaft zu, wovon so manche*r aufrechte*r Demokrat*in angstlüstern träumt: Alles Schlechte dieser Welt fand zueinander, als den vermeintlich linken einzig die unzweifelhaft rechten Extremisten zustimmten. (Nur zur Sicherheit: Es war die Linksfraktion, die da Stimmen erhielt – von der AfD.) Und das auch noch bei einem Anliegen, bei dem nicht klar ist, ob es – so Olaf Steinbiß von der SPD –„mit der Verfassung vereinbar ist“.
Was aber könnte die nationalen Alternativen verbinden mit den Erb*innen Ulbrichts, ach was, Stalins und Pol-Pots? Gut, da gäbe es die Sache mit den Jüd*innen und ihrem an der US-amerikanischen Ostküste konzentrierten Kapital. Aber jetzt war es das andere Verbindende zwischen den beiden – dreht man es nur richtig – einander ja so schrecklich ähnlichen Polit-Randgruppen: der Populismus.
Denn die Linke hatte sich da nicht zum ersten Mal zu eigen gemacht, was derzeit außerhalb des Parlaments eine Volksinitiative ins Ziel zu bringen sucht: die verbindliche Wirkung direktdemokratischer Instrumente auf Bezirksebene, also von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Von einem „respektlosen Verhalten des Senats“ gegenüber engagierten Bürger*innen sprach da Carola Ensslen, verfassungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, und gemeint war das Evokationsrecht, also die Befugnis der Landesregierung, Vorgänge untergeordneter Verwaltungseinheiten nach eigenem Ermessen an sich zu ziehen oder auch rückgängig zu machen, wenn sie gesamtstädtische Interessen berührt sieht.
Demgegenüber will die Initiative also mehr Verbindlichkeit. Im Verfassungsausschuss der Bürgerschaft hatten SPD, Grüne und CDU aber Zweifel daran formuliert, dass dieses Ansinnen rechtens sei. Die Einschätzung, dass dadurch „die Bezirksversammlungen nicht gestärkt“ würden, äußerte nun noch mal die Grüne Lena Zagst.
Wäre das Wort nicht derart angeschmuddelt, könnte man die politische Hygiene bemühen: Hätte die Linke nicht dafür Sorge zu tragen, das die AfD nicht dafür sein kann, wofür sie selbst ist? So zu denken, hieße wohl, die Strategie der Braun-, Pardon, Blauen zu verkennen. Die gefallen sich ja gerade darin, alle anderen auflaufen zu lassen – und sei es per gestrecktem Abstimmungsarm. Alexander Diehl
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