Hunderte Choleratote in Westafrika

Am schwersten leidet Guinea-Bissau, das kleinste Land der Region. Grund: die heftigsten Regenfälle seit 60 Jahren

BERLIN taz ■ Sämtliche Beerdigungs-, Hochzeits- und Tauffeiern sind verboten, Imbissbuden und Straßenrestaurants sind geschlossen: Guinea-Bissau, bitterarmer Kleinstaat an der Küste Westafrikas, wehrt sich mit allen Mitteln gegen eine verheerende Choleraepidemie. Über 230 Tote zählte am Dienstag Tomé Vaz, Direktor im Gesundheitsministerium, auf einer Pressekonferenz in Bissau. Rund 10.780 Menschen seien in den vergangenen drei Monaten an Cholera erkrankt – bei einer Gesamtbevölkerung von 1,6 Millionen.

Guinea-Bissau ist in Westafrika am härtesten von der grenzüberschreitenden Epidemie betroffen. Ihr Ursprung liegt darin, dass die diesjährige Regenzeit der Region die schwersten Niederschläge seit 60 Jahren beschert hat. Darunter leiden vor allem die Bewohner von auf sumpfigem Land erbauten Stadtvierteln, in denen es keine funktionierende Abwasser- und Müllentsorgung gibt. Jedes Jahr klagen die Bewohner mehrerer Viertel von Bissau, dass sich ihre Straßen in der Regenzeit in stinkende Seen verwandeln. Das begünstigt die Ausbreitung von Cholera, Malaria und anderen Seuchen. Anfällig sind auch Bauern mit Reisfeldern, die den Kontakt zu stehenden Gewässern nicht vermeiden können.

Die Cholerakrise gefährdet die Stabilität Guinea-Bissaus: Sie kommt kurz nach demokratischen Wahlen, bei denen am 24. Juli der frühere Präsident Nino Vieira gewann. Er hat sein Amt aber noch nicht angetreten und es gibt dafür noch nicht einmal einen Termin, was den Eindruck eines Machtvakuums erzeugt.

Nach einer Bilanz der Weltgesundheitsorganisation sind der Epidemie in Westafrika seit ihrem Ausbruch bis Ende letzter Woche insgesamt 517 Menschen zum Opfer gefallen. Damals betrug die Opferzahl in Guinea-Bissau erst 172. Die anderen Toten gibt es in Burkina Faso, Guinea, Liberia, Mali, Mauretanien und Niger. Im benachbarten Senegal starben Anfang des Jahres über 200 Menschen an Cholera.

Erhebliche Opfer fordert die Cholera derzeit auch im kriegsgeschüttelten Osten der Demokratischen Republik Kongo. Dort sind vor allem Soldaten betroffen, die ihre Zusammenführung zu einer Brigade der neuen Armee des Kongo unter extrem unhygienischen Bedingungen erlitten. Die komplette Brigade musste in der Provinz Nord-Kivu in Quarantäne gesteckt werden, nachdem über 13 Soldaten auf dem Weg in ihr erstes Einsatzgebiet starben und dutzende Kranke hilflos von ihren Kommandeuren am Straßenrand zurückgelassen wurden. D.J.