prostitution in kiel : Aufklärung unerwünscht
Man kann das Kieler städtische Gebaren nur als zynisch und bigott bezeichnen: Da prüft die Stadt derzeit, ob Kiels gesamte Sexarbeiterinnen überhaupt eine (einzige) Ärztin brauchen. Das klingt, als sei die Gesundheit der Prostituierten, deren Dienste mit Sicherheit nicht nur Touristen in Anspruch nehmen, völlig irrelevant. Frei nach dem Motto: Sind sie doch selbst schuld, wenn sie so einen Beruf ergreifen.
KOMMENTAR VON PETRA SCHELLEN
Dass die Stadt außerdem die – erfreulich deutliche – Kondom-Werbung auf der Kieler Woche verbot, zeugt von einer zur Schau getragenen Prüderie, und „Wohlanständigkeit“, die verheuchelter nicht sein könnte. Dies passt allerdings gut zu den staatlichen Kondom-Werbeplakaten mit treuherzigen Titeln wie „Mach’s mit“. Mit verschämten Auberginen sind sie bestückt und hoffen, dass man die hoch intellektuelle Symbolik versteht. Aber keins von ihnen kommt auf den Punkt: die konkrete – und korrekte – Anwendung des Verhütungsmittels.
Auch die Riesenkondome auf der Kieler Woche durften also nicht sein. Die sind zu platt, irgendwie „bäh“, befand die Stadt – als befänden wir uns irgendwo im 19. Jahrhundert, als über Sex nicht öffentlich gesprochen wurde. Dabei ist der Westen schnell bereit, den Mangel an Anti-Aids-Aufklärung etwa in Drittweltländern zu brandmarken. Vor der eigenen Haustür stinkt’s aber ganz gewaltig.