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Archiv-Artikel

press-schlag Die Löwen der Liga

Was hat die vergangene Bundesliga-Saison gebracht? Die Erlösung. Diesmal eine früher

Ein Dank geht an dieser Stelle an die Deutsche Fußball-Liga. Sie schreibt ja die Saisonpläne. In diesem Jahr hat sie die Liga eine Woche früher als üblich aufhören lassen. Das ist schön. Wir sind erlöst. Erspart bleiben uns mittelmäßige Ballschiebereien, insgesamt eine Spielzeit, die nicht viel zu bieten hatte.

Diese Saison wird verblassen, von den Festplatten gelöscht werden. Statistiker werden hier und da ihre Freude an Zahlenspielen haben, und sicher wird der eingefleischte Anhänger des 1. FC Kaiserslautern eine Narbe in der Erinnerung behalten, ein Fan des FC Bayern München womöglich an eine durchzechte Nacht denken. Aber viel bleibt nicht von diesem Erstligajahr. Nur zwei Vereine konnten wirklich überraschen: der Hamburger Sport-Verein und der 1. FC Nürnberg. Thomas Doll und Hans Meyer sind die Trainer des Jahres, keine Frage. Die Reifung des Miroslav Klose zum Spitzenstürmer ist auch eine Erwähnung wert, zumal er derzeit der einzige Feldspieler ist, der ruhigen Gewissens von Jürgen Klinsmann am heutigen Montag in den WM-Kader berufen werden kann.

Paradox ist freilich, dass die Zuschauer in die Stadien strömen, als sähen sie dort Neuauflagen der römischen Gladiatorenkämpfe samt Löweneinsatz und finalem Gemetzel. Aber solch dramatische Szenen spielen sich in den antiseptischen Arenen nicht ab, im Gegenteil, hier ist Borussia Mönchengladbach zu sehen oder Hertha BSC Berlin, Meister der Mittelmäßigen. Warum verzeichnet die Liga dennoch einen Zuschauerrekord? Sind die Leute noch ganz bei Trost?

Ist der deutsche Fußballfan vielleicht ein Allesfresser und schluckt mit einem Happs, was rund ist und rollt? Oder hat die Nation den Fußball-Hedonismus noch nicht für sich entdeckt? Wie sollte sie auch in den Genuss ästhetischer Szenen kommen: Die exzentrischen Spielzüge, der flüssige Stil wird nicht im Land der Nowotnys, Ernsts und Kuranyis geprägt. Schon eher in England oder am Mittelmeer – auch wenn sich da manchmal die Korrupten den Ball zupassen.

Der Kampf, respektive das Gewürge um den Uefa-Cup-Platz lief in der Presse irgendwann nur noch unter dem Titel: das Schneckenrennen. Nur 52 Punkte brauchte Bayer Leverkusen, um für Europa nominiert zu werden. In den Vorjahren waren mehr Punkte nötig.

Überleben wird nicht das 0:0-Unentschieden zwischen Duisburg und Mainz 05 am letzten Spieltag, ganz bestimmt nicht, größere Chancen hat da schon eine spektakuläre Szene, die sich bezeichnenderweise nicht in der Liga, sondern in der Champions League abgespielt hat – zwischen Werder und Juventus Turin: Tim Wieses eingesprungene Rolle mit anschließendem Ballverlust und perplexen Bremern. Dieses Drama hatte Format. Die Liga-Saison weniger. MARKUS VÖLKER