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Archiv-Artikel

press-schlag Sportpolitische Spezialdragees

Bierdeckelreformer und Politaussteiger Friedrich März wird als neuer Präsident der Deutschen Fußball-Liga ins Gespräch gebracht

Fußballer mit großen individuellen Fertigkeiten tanzen ihre Gegenspieler auf einem Bierdeckel aus. Das weiß jeder D-Jugendspieler. Was er nicht weiß: Die Bierdeckel-Weisheit enthält eine zusätzliche Botschaft. Sie wurde nämlich hinterrücks in die Sprache der Fußballer eingeschmuggelt – von Politstrategen aus dem Umfeld des Friedrich Merz.

Geht es nach dem Fußballgewaltigen Gerhard Mayer-Vorfelder, immerhin Vizepräsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa), dann soll Merz Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) werden. „Ich halte Merz für einen geeigneten Mann, falls er emotional dicht genug am Fußball ist“, hat MV einem Revolverblatt verraten. Merz hat sich die Zweifel Mayer-Vorfelders an seiner emotionalen Dichte zu Herzen genommen und einen Fußballplatz besucht. Er hat bestaunen dürfen, dass sich nicht nur Steuererklärungen auf einem Bierdeckel machen lassen, nein, auch Duelle zweier Bundesligaspieler lassen sich auf dem Merz’schen Mini-Topos prima erledigen.

Kurzum: Friedrich Merz wäre als DFL-Boss geeignet. Er könnte künftig die Bilanzen der Liga auf dem kleinen Runden verfassen und im Verbund mit Paul Kirchhoff die DFL mal so richtig auf Vordermann bringen. Die Zahlen würden ohne Probleme auf einen Bierdeckel passen, denn es handelt sich ja nicht um Riesenbeträge wie in der englischen Premier League, die ihre TV-Auslandsrechte für drei Jahre zum Preis von 625 Millionen Pfund (umgerechnet rund 940 Millionen Euro) verhökert hat. In der Bundesliga müsste Merz meist nur Zahlen mit sechs Stellen schreiben.

Außerdem: Fußball und Politik – das geht immer. In der Korona der Weltmeisterschaft erstrahlte das Berliner Kabinett. Das Hinterzimmer des Fußballpolitikers ist die Umkleidekabine. Auch Merz hat diese Feuchträume schon aufgesucht. Zeit genug hat er ja jetzt, da er die harte Politik verlassen wird und auch von einer Parteineugründung, die ihm die Süddeutsche Zeitung dringend empfiehlt, absieht.

Merz’ Vorgänger war ein Politiker, auch hat Rudolf Scharping sich erfolgreich in das sportive Verbandswesen hinübergerettet. Exinnenminister Otto Schily wurde kurzzeitig als Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gehandelt. Da wäre es doch gelacht, wenn Merz nicht ein paar seiner Spezialdragees unters Fußballvolk bringen könnte, als sportpolitisches Wundermittel sozusagen.

Gewiss, Friedrich Merz müsste noch ein bisschen leutseliger werden, sich zum Stammtischstrategen aufschwingen, mehr die Aura seines offensichtlichen Förderers Gerhard Mayer-Vorfelder verströmen. Aber das wird schon. Und wenn Merzens Metamorphose gelungen ist, dann hätte die Deutsche Fußball-Liga endlich jenen Boss, den sie verdient. MARKUS VÖLKER