press-schlag : Hinter den Spitzen
Eine Satire in den „Ruhr Nachrichten“ bringt Michael Zorc, den unglücklich agierenden Sportdirektor der Dortmunder Borussia, in Bedrängnis
Karneval in Dortmund auch nach dem Aschermittwoch: Was haben der Fußballsender arena und BVB-Sportmanager Michael Zorc gemeinsam? Beide haben Probleme mit ihrer Ausstrahlung – tötöö, tötöö, tötöö. Am Dortmunder so genannten Urgestein scheiden sich momentan die Geister.
Unerfreulichster Vorwurf sind drei Zahlen zu einem wichtigen Spielerkauf: Stürmer Nelson Valdez kam für 4,7 Millionen zum BVB, spielte für die Schwarz-Gelben in der Bundesliga bisher 1.302 Minuten und erzielte dabei 0 Tore. Zum Vergleich: Zorc hat in seiner aktiven Zeit als Mittelfeldspieler etwa alle 320 Minuten getroffen. Der Bremer Edeljoker hat sich zu einem Null-Tore-Waldi entwickelt. Das konnte Zorc nun wirklich nicht ahnen.
Was man ihm vorwerfen kann: Es fehlt ein Konzept. Nach dem Weggang von Tomas Rosicky sollte Steven Pienaar die Fäden im zentralen Mittelfeld ziehen, verhedderte sich jedoch allzu oft in ihnen – er hatte bei Ajax Amsterdam auch eher auf der rechten Seite gespielt. Diese Position besetzt beim BVB allerdings bereits Neueinkauf Tinga. Nun wurde der Pole Jakub Blaszczykowski für die kommende Saison unter Vertrag genommen – Einsatzort: die rechte Seite. Das Geld beim BVB sitzt zwar nicht mehr so locker wie zu Zeiten der erkauften Meisterschaft von 2002, doch auch mit knapperem Budget könnte die Mannschaft dort verstärkt werden, wo es nötig ist – hinter den Spitzen.
Dort hält sich auf Vereinsebene auch Zorc auf: Obwohl er Leiter der sportlichen Abteilung ist, steht ein anderer vor den Kameras und gibt Interviews zur Situation des Teams – Hans-Joachim Watzke, der als Geschäftsführer eigentlich eher vor dem Taschenrechner sitzen sollte. Der Sportmanager lässt immer wieder andere vor, wo doch er das Wort ergreifen müsste. So hat sich die Diskussion um Zorcs Transfers zu einer unsachlichen Kontroverse um seine Person gewandelt. Bestes Beispiel ist eine satirische Abrechnung des Revier-Komödianten und ehemaligen BVB-Stadionsprechers Bruno Knust, auch bekannt als „Günna“, in den Dortmunder Ruhr Nachrichten: Zorc sei nur als Sportmanager verkleidet und ein „angelernter Hoppeditz“, habe keine Kompetenz und solle einem „kompletten Kehraus“ zum Opfer fallen, schreibt Knust.
BVB-Führung und die Ruhr Nachrichten, übrigens Medienpartner der Borussia, sprangen auf den Karnevalszug auf: Sie verkleideten sich als Robin Hood, Rächer der Entrechteten, um den Sportmanager zu schützen – vor Heckenschützen, die Zorc aus dem Hinterhalt anfeinden würden. So war die Posse mit dem Titel „Verschwörung im schwarz-gelben Haus“ entstanden, ein Kampf wie einer um die Position des neuen Karnevalsprinzen: Einflussreiche Personen aus der Dortmunder Lokalprominenz würden eine Medienkampagne gegen den Sportmanager fahren, um Michael Rummenigge, ebenfalls Ex-Profi der Borussia, ins Amt zu hieven.
Statt sachlicher Diskussion nun verkleidete Funktionäre, maskierte Medien-Cowboys und BVB-Büttenreden – in Dortmund ist immer noch Karneval. SIMON BÜCKLE