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Archiv-Artikel

portrait Aoun hofft auf Comeback in Beirut

Bis Mitte vergangene Woche war der frühere libanesischen General Michel Aoun, ein erklärter Gegner Syriens, in seiner Heimat ein gesuchter Mann. Der Haftbefehl lautete auf Veruntreuung von Staatsgeldern, „Usurpation politischer und militärischer Macht“ sowie die Belastung der Beziehungen mit Syrien. Der Haftbefehl ist nun ausgesetzt, und der 69-jährige christlich-maronitische Politiker kehrte am Samstag nach 14 Jahren im französischen Exil mit Familie und Beratern nach Beirut zurück. Elf Tage nach dem Abzug der letzten syrischen Soldaten wurde er von seinen Anhängern begeistert empfangen.

„Ich bin der Großvater, Vater und Sohn der Opposition“, erklärte Aoun in seiner wenig bescheidenen Art. Seine politischen Freunde ziehen gern den Vergleich zu De Gaulles Rückkehr in das befreite Frankreich 1945. Kritiker verliehen ihm wegen seines großspurigen Auftretens den Beinamen „Napolaoun“. Kein Wunder, dass Aoun mit seinen Ambitionen nicht hinter dem Berg hält. Er kündigte an, seine Partei „Freie Patriotische Kräfte“ werde Ende Mai bei den Wahlen antreten. Eine Kandidatur für das Präsidentschaftsamt, das von einem Christen besetzt werden muss, schloss er nicht aus.

Aoun wurde 1935 geboren und schlug eine militärische Karriere ein. Während des libanesischen Bürgerkrieges (1975 bis 1990) wurde er 1984 zum Generalstabschef ernannt. Nach gescheiterten Präsidentschaftswahlen wurde er 1988 zu einer Art Interims-Regierungschef berufen, was die muslimische Seite jedoch nicht akzeptierte, da dieser Posten einem Sunniten vorbehalten ist. Statt Wahlen vorzubereiten, leitete Aoun einem „Befreiungskampf“ gegen die syrischen Truppen im Land ein. Dies führte zu einer der blutigsten Runden im Bürgerkrieg. Seine Niederlage öffnete den Weg für das Abkommen von Taif, das er als „pax syriana“ ablehnte. Aoun lebte seit 1991 in Frankreich.

Seine populistische Art und das Versprechen, das Land wieder zu einen, brachte ihm damals Beliebtheit nicht nur im christlichen Lager ein. Seine Rückkehr wird heute in oppositionellen Kreisen unterschiedlich bewertet. Einige befürchten, er werde einen konfrontativen Kurs einschlagen. Andere betonen jedoch, alle Strömungen und Persönlichkeiten müssten in das politische Geschehen einbezogen werden – auch Michel Aoun. BEATE SEEL