portrait : „Peace Ma“ allein im Rampenlicht
Peace Ma – in den USA weiß inzwischen fast jeder, wer gemeint ist. Seit Cindy Sheehan aus Kalifornien in den nachrichtenarmen Wochen des August vor dem Landsitz von George Bush im texanischen Crawford ausharrte und – vergeblich – ein Gespräch mit dem Präsidenten über den „sinnlosen“ Tod ihres Sohnes Casey im Irak verlangte, ist der Bekanntheitsgrad der 48-Jährigen fast so groß wie der Bushs.
Das zeigte sich Samstag bei der Friedensdemo in Washington, als nur die Erwähnung ihres Vornamens begeisterte Beifallsstürme bei den mehr als 200.000 Demonstranten hervorrief. Und als die Gallionsfigur der US-Friedensbewegung Montag beim Sitzstreik vor dem Weißen Haus ein Foto ihres toten Sohnes am Zaun befestigte und sich danach von der Polizei festnehmen und wegtragen ließ, hatten die US-Fernsehsender ihre Bilder für die Abendnachrichten.
Doch in die Begeisterung für „Peace Ma“ mischen sich auch kritische Töne. Und das nicht nur bei Angehörigen gefallener oder noch lebender US-Soldaten im Irak, sondern auch innerhalb des breiten Bündnisses der Friedensbewegung.
Einige Kritiker weisen darauf hin, dass bereits im April 2004, als Hauptmann Casey Sheehan in Bagdad ums Leben kam, in den USA Angehörige im Irak gefallener Soldaten gegen den Krieg demonstrierten und unter dem Slogan „Not in our name“ gegen den Versuch der Bush-Regierung protestierten, ihre toten Söhne, Väter oder Brüder zu vereinnahmen als „Helden“ im „Kampf für ein nobles Ziel“. Diese Proteste drangen damals kaum durch. Erst Sheehans Sitzstreik vor Bushs Ranch brachte den Durchbruch in der öffentlichen Wahrnehmung und trug dazu bei, dass der von der Friedensbewegung geforderte Truppenabzug aus dem Irak inzwischen Thema vieler Talkshows ist.
Darüber ist die Organisation „Military Families against the War“, die über 2.000 Familien mit Angehörigen im Irak repräsentiert, einerseits froh. Doch zunehmend kritisch wird vermerkt, dass Sheehan alle Aufmerksamkeit auf sich ziehe und sich zu wenig darum bemühe, andere Soldatenmütter oder -väter mitzunehmen ins Rampenlicht der Medien.
Eine noch grundsätzlichere Kritik stößt sich daran, dass die Konzentration auf die Angehörigen der bislang 1.918 gefallenen US-Soldaten dazu führt, dass die über 100.000 getöteten Iraker vergessen werden. Veteranen der US-Friedensbewegung erinnern jedoch daran, dass der Abzug der US-Streitkräfte aus Vietnam vor 30 Jahren schließlich auch nicht wegen der über drei Millionen vietnamesischen Kriegsopfer erfolgte, sondern wegen der 52.000 gefallenen US-Soldaten.
ANDREAS ZUMACH