portrait : König der Diebe in Nigerias Armenhaus
Sein Name bedeutet übersetzt „Gott macht keinen Fehler“, und das trifft auch ziemlich genau das Selbstbild von Dipreye Alamieyeseigha, kurz „Alamie“. Der Gouverneur des ärmsten Bundesstaates von Nigeria steht jetzt im Zentrum einer internationalen Korruptionsaffäre. Aber für radikale Bewohner von Nigerias benachteiligten Ölregionen ist Alamie ein Held.
Am 15. September wurde Alamie am Londoner Flughafen Heathrow unter dem Verdacht der Geldwäsche verhaftet. Die Polizei fand in einem seiner Londoner Häuser eine Million britische Pfund in bar (1,45 Millionen Euro) und fror Besitztümer im Wert von zehn Millionen Pfund ein. Der Gouverneur war aus Deutschland eingeflogen, wo er sich den Bauch hatte liften lassen. In seinem Heimatstaat Bayelsa sorgte die Verhaftung für Aufruhr. Rebellen seines Ijaw-Volkes forderten Alamies Freilassung.
Der Gouverneur kam auch frei – auf Kaution im Wert von 2,5 Millionen Pfund. Und am 21. November tauchte Alamieyeseigha plötzlich in der Heimat auf. Tausende bejubelten ihn auf den Straßen seiner Provinzhauptstadt Yenagoa.
Wie genau er aus London entkommen war, ist bis heute unklar. In einer Version verkleidete er sich als Frau, nahm den Zug nach Paris, flog nach Kamerun und bestieg ein wartendes Schnellboot. In einer anderen flog er in die Elfenbeinküste und ließ sich als medizinischer Notfall nach Nigeria evakuieren. „Ein Akt Gottes“ sei die Rückkehr, lobte Alamies Sprecher Oronto Douglas – früher ein Wortführer von Nigerias Umweltschützern, heute der Lobsänger eines der korruptesten Politiker des Landes.
Egal wie: Nigerias Regierung schäumt. Sie verlangt von London Aufklärung und hat immerhin Alamies Absetzung als Gouverneur, seinen Ausschluss aus der Regierungspartei und seine Anklage vor einem Militärtribunal erwirkt. Nur erscheint er zu keinem Anhörungstermin. In Yenagoa ist inzwischen Nigerias Armee stationiert, während Ijaw-Milizen mobil machen.
Geboren 1952, machte Alamieyeseigha Karriere in Nigerias Luftwaffe und trat 1993 in das Informationsministerium der Militärdiktatur ein. Bei Nigerias Demokratisierung 1999 wechselte er in die neue Regierungspartei PDP. Er fälschte lokale Wahlen und nahm dankbar die Ölgelder an sich, die heute in größerem Maße als früher von der Zentralregierung an die Bundesstaaten fließen. Dem Gouverneur sagt man den Besitz eines Luxushotels und sogar einer Ölraffinerie in Ecuador nach. In Bayelsa gibt es aber bis heute kaum Strom und Wasser. Nun hat Alamie seinen Besitz in England sausen lassen, um sich zu Hause als Bezwinger des Empires feiern zu lassen.
DOMINIC JOHNSON