portrait : Der schwarze Leopard des Soul
Es war eine schöne Schlusspointe, als der Film „The Commitments“ Wilson Pickett 1991 noch einmal auftauchen ließ: Ein alter weißer Sessionmusiker hält ein paar irische Unterschichtsjugendliche in einer Soulband zusammen, indem er ihnen verspricht, sein Kumpel Pickett werde bald vorbeikommen und mit ihnen spielen. Natürlich kommt er zum entscheidenden Konzert nicht, alle sind enttäuscht – bis Pickett dann doch noch auftaucht und etwas ratlos im Regen steht: Es ist ja niemand mehr da.
Am Donnerstag ist Wilson Pickett im Alter von 65 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben, und das Ende dieses Films war auch deshalb eine so passende Metapher auf Picketts Karriere, weil sie zu diesem Zeitpunkt ihre großen Tage lange hinter sich hatte – sein Ruf als einer der größten Soulsänger aber vollkommen intakt war. Er war eine Legende mit Privatproblemen: Kurz nach dem Filmstart stand er vor Gericht, weil er den Bürgermeister von Englewood, New Jersey, bedroht hatte, nachdem er mit dem Auto in dessen Vorgarten gekracht war. 1993 musste er für ein Jahr ins Gefängnis: Er hatte betrunken einen Mann überfahren.
Seinem Ruf als „wicked Pickett“ tat dies keinen Abbruch. Den hatte er aus den Sechzigern. Pickett kam vom Gospel und wurde zum Soul-Superstar, als ihn Jerry Wexler, der Chef der Plattenfirma Atlantic, nach Memphis schickte, wo er „In the Midnight Hour“ aufnahm. „Er war wie ein schwarzer Leopard“, sagte Jimmy Johnson, ein Gitarrist der Muscle-Shoal-Studios über ihn, „du kannst ihn anschauen, aber fass ihn bloß nicht an, dann beißt er.“
Doch der im Süden geborene, aber in Detroit aufgewachsene Pickett mit seiner Don’t take no bullshit-Attitüde und rauen Stimme ergab zusammen mit den dauerbreiten Sessionmusikern und ihrem von Whiskey und Aufputschpillen tiefer gelegten Redneck-Funk eine brillante Kombination. Als der Chef der Muscle-Shoal-Studios Pickett zum ersten Mal vom Flughafen abholte, um ihn zum Studio zu fahren, weigerte Pickett sich, überhaupt das Flugzeug zu verlassen: „Da stand dieser riesige Typ, der aussah wie ein Sheriff und sagte, er würde mich suchen“, erzählte er später.
Mit Stücken wie „Land of the 1000 Dances“, „Mustang Sally“, „Funky Broadway“ und „Get Me Back on Time, Engine # 9“ war er einer der wenigen, die sich von Mitte der Sechziger bis in die frühen Siebziger hinein in puncto Intensität mit James Brown messen konnten. Gut aussehend, elegant, aggressiv und gefährlich war dies eine Art von Black Power, die zwar mit der radikalen Politik der Black Panther nichts zu tun haben wollte, aber in ihrem Stolz Teil des gleichen Kampfes um Anerkennung war. TOBIAS RAPP