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Archiv-Artikel

portrait Vom Microsoft-Chef zum Gutmenschen

1955 geboren, mit zwanzig eine Programmierbude gegründet – damals etwas für wirkliche Freaks – und ein paar Jahre später schon die Wirtschaftsgeschichte um ein interessantes Kapitel bereichert. So kann man knapp das Leben von William Henry Gates zusammenfassen. Als er im Jahr 2000 nach 25 Jahren den Posten des Vorstandschefs bei Microsoft an Steve Ballmer abgab, war der Konzern eine der meistgeliebten (bei Aktionären) und meistgehassten (bei vielen Programmierern und Konkurrenten) Firmen der Welt. Mit seinen Betriebssystemen für Personal Computer und den damit verknüpften Büroprogrammen hatte Microsoft ein Fast-Monopol erreicht, mit Traumgewinnen auch für die Gründer: 1999 durchbrach das geschätzte Aktienvermögen Bill Gates’ die 100-Milliarden-Dollar-Marke.

Inzwischen kämpft das Unternehmen mit potenter Konkurrenz, von der alternativen Linux-Software bis zur Supersuchmaschine Google. Und Gates war für seine Verhältnisse schon im Teilruhestand, firmierte als „Chief Software Architect“ und Aufsichtsrat. Denn er hatte eine zweite Lebensaufgabe gefunden: Seine Frau Melinda und er wollen Armen und Kranken weltweit helfen. Dafür gründeten sie eine Stiftung mit einem derzeitigen Vermögen von 29 Milliarden Dollar.

Die Bill und Melinda Gates Stiftung geht dabei nicht einfach wie ein Hilfswerk vor, das Medikamente verteilt oder Krankenhäuser sponsert. Die Gates-Stiftung arbeitet vielmehr wie der Vorstand eines Konzerns, der Geld zur Verfügung stellt für diejenigen Projekte, die die höchste Rendite versprechen (www.gatesfoun dation.com). Milliarden Dollar wurden so vergeben für die Entwickler von Malaria-Impfstoffen, an globale Initiativen wie der Gavi-Allianz gegen Tuberkulose, Denguefieber oder die Schlafkrankheit – alles Krankheiten, die in den reichen Ländern kaum auftreten und die deshalb von den Pharmakonzernen als nicht lukrative Märkte klassifiziert sind. Das Ehepaar Gates hätte für die Führung der ständig wachsenden Stiftung natürlich auch weitere Manager und Aufsichtsräte anwerben können – doch offensichtlich wollte Gates selbst mehr Hand anlegen. Er sieht Krankheitserreger wie Software-Algorithmen, die ins Leben eingreifen und deren biochemische Tricks es in diesem Sinne zu analysieren gilt.

Bisher haben die Projekte noch keinen revolutionären Impfstoff erzeugt. Aber sie haben den gesamten Sektor revolutioniert. Denn Gates nutzt seinen Ruf und seine Kontakte, um andere mitzuziehen. Und er bringt etwa Regierungen und Konzerne dazu, weitere Milliarden in die vernachlässigte Bekämpfung dieser Krankheiten zu investieren. REINER METZGER