portrait : Geschasster Erneuerer des Sandinismus
Verschwörungstheoretiker sahen bei der Nachricht vom überraschenden Tod Herty Lewites’ ihre finstersten Befürchtungen bestätigt. Doch allen verfügbaren Quellen zufolge erlag der 66-jährige nicaraguanische Politiker Sonntagnachmittag tatsächlich seinem schwachen Herzen und nicht einem raffinierten Attentat. An politischen Gegnern, die den Sohn jüdischer Einwanderer gerne außer Gefecht gesetzt hätten, mangelte es nicht. Vor allem der Gruppe um Sandinistenchef Daniel Ortega war es ein Dorn im Auge, dass der populäre ehemalige Bürgermeister von Managua sich um die Präsidentschaft bewarb.
Am 5. November wird der Nachfolger des Liberalen Enrique Bolaños gewählt. Lewites wäre gerne als Kandidat der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) angetreten und hätte sich in parteiinternen Vorwahlen wohl auch durchgesetzt. Doch Daniel Ortega, der bereits dreimal hintereinander liberal-konservativen Gegnern unterlegen ist, sagte die Vorwahlen ab und ließ sich selbst einmal mehr zum Kandidaten küren. Lewites, der als FSLN-Kandidat gute Chancen auf einen Wahlsieg gehabt hätte, wurde aus der Partei ausgeschlossen und lancierte dann seine Kandidatur über die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS), die von der Ex-Guerillakommandantin und Gesundheitsministerin Dora María Téllez angeführt wird.
Schon 1969, als ein Erfolg der sandinistischen Guerilla gegen die Diktatur der Familie Somoza noch in weiter Ferne lag, engagierte sich der Student im Untergrund. Sein Bruder Israel fiel im Kampf. Während der Revolutionsregierung fungierte der umtriebige Unternehmersohn als Tourismusminister. Eine Strandvilla Somozas ließ er zum exklusiven Ferienhotel umbauen.
Nach der Wahlschlappe der Sandinisten im Jahr 1990 diente er einige Jahre als Parlamentsabgeordneter und baute einen privaten Freizeitpark, Hertylandia, unweit von Managua. 1996 versuchte Lewites über eine Bürgerliste zum Bürgermeister der Hauptstadt Managua gewählt zu werden. Das sollte ihm aber erst vier Jahre später als offizieller Kandidat der FSLN gelingen. Es gelang ihm, die traditionell korrupte Stadtverwaltung zu säubern. Anders als seine Vorgänger investierte er weniger in Prestigeprojekte und steckte mehr Mittel in die Infrastruktur der ärmeren Viertel. Das machte ihn populär.
Herty Lewites laborierte seit über 30 Jahren an Herzproblemen. Seit 2002 trug er einen Schrittmacher.
Ob der Hoffnungsträger eines moderneren Sandinismus ersetzt wird oder das MRS jetzt auf eine Kandidatur verzichtet, soll nach der Beisetzung diskutiert werden. RALF LEONHARD