portrait : Der Chefdiplomat für heikle Missionen
Als José Ramos-Horta vor 14 Tagen Osttimors amtierenden Premierminister Mari Alkatiri per SMS die Unterstützung kündigte, blieb dem nur noch der Rücktritt. Jetzt wird der bisherige Außen- und Verteidigungsminister Ramos-Horta selbst neuer Premier. Er soll in der von Gewalt gezeichneten jungen Nation für Versöhnung sorgen, wofür niemand so geeignet ist wie er.
Der 56-Jährige wurde Samstag von Präsident Xanana Gusmão bis zu den Wahlen 2007 zum Regierungschef ernannt, nachdem dieser sich mit der mächtigen Partei Fretilin von Alkatiri geeinigt hatte. Alkatiri hatte einen Streik von Soldaten nicht schlichten können, was zum gewaltsamen Auseinanderbrechen von Militär und Polizei führte. Rund 30 Personen starben, 130.000 flohen.
Anders als der rechthaberische Alkatiri ist Ramos-Horta ein um Ausgleich bemühter Diplomat. So traf er sich schon mit den rebellierenden Soldaten. Er genießt nicht nur das Vertrauen des populären Präsidenten, sondern ist auch im In- und Ausland hoch angesehen. Denn der Sohn einer Osttimoresin und eines von der Salazar-Diktatur in die damalige Kolonie verbannten Portugiesen ist seit 1975 Osttimors Stimme in der Welt. Die Kolonialmacht verbannte den früh Politisierten schon Anfang der 70er für zwei Jahre nach Mosambik. Nach seiner Rückkehr gründete er die Befreiungsbewegung Fretilin mit. Als Osttimor im Zuge von Portugals Nelkenrevolution 1975 überstürzt die Unabhängigkeit erlangte, wurde der 25-Jährige Außenminister.
Im Dezember 1975 verließ er Osttimor mit dem letzten Flugzeug vor der indonesischen Invasion Richtung UN-Hauptquartier. Die nächsten 24 Jahre pendelte er zwischen den Hauptstädten der Welt, um auf das Schicksal seiner von Indonesien unterdrückten Heimat aufmerksam zu machen. Vier seiner elf Geschwister verlor er durch die Besatzer.
Wegen seiner Hartnäckigkeit und seines Geschicks erwarb er sich Anerkennung und Gehör. 1988 gründete er mit Gusmão den Nationalen Widerstandsrat als Bündnis aller für die Unabhängigkeit arbeitenden Kräfte. Beide verließen dafür die linke Fretilin. Als Ramos-Horta, dessen Markenzeichen sein Dreitagebart wurde, 1996 zusammen mit Dilis Bischof Belo den Friedensnobelpreis erhielt, war dies die internationale Anerkennung seiner diplomatischen Bemühungen wie von Osttimors Unabhängigkeitskampf. Nach der Unabhängigkeit 2002 wurde er Außenminister einer Fretilin-Regierung. War Ramos-Horta in den letzten Monaten sogar als Nachfolger für UN-Generalsekretär Kofi Annan im Gespräch, braucht Osttimor seinen Chefdiplomaten jetzt dringend zu Hause. SVEN HANSEN