portrait : Fürstlicher Förster im Außenamt
Der Mann tendiert zu vornehmem Understatement. Er sei ein bloßer Land- und Forstwirt, sagt er gern, der Karl Johannes Nepomuk Joseph Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Mena, Fürst zu Schwarzenberg, Graf zu Sulz, gefürsteter Landgraf im Kleggau, Herzog zu Krumau, im wirklichen Leben: Karl Schwarzenberg.
Ein Land- und Forstwirt wäre er wohl geworden, wenn ihn nicht die hohe Politik zu neuen Ufern lockern würde, wie jetzt ins Prager Außenministerium. Viel Überwindung muss es Präsident Václav Klaus gekostet haben, den Fürsten zum Minister zu machen. Als Österreicher könne er wohl kaum die Interessen der Tschechischen Republik verteidigen, mäkelte Klaus, als bekannt wurde, dass die Grünen Schwarzenberg als Außenminister nominiert hatten. Er sei eine Gefahr für die labilen tschechisch-österreichischen Beziehungen, orakelte Klaus.
Schwarzenberg, der nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, sondern die Schweizer und die tschechische besitzt, versteht sich selbst als „Weltbürger“. Klaus’ Vorwurf des Österreichertums ist Stimmungsmache, hinter der sich etwas anderes verbirgt. Als selbsternannter Hüter des Nationalinteresses weiß er, wie verrufen der böhmische Adel unter den Tschechen ist, den die Volksseele noch heute mit den verhassten Habsburgern gleichsetzt.
Der Ministerfürst stößt dem Präsidenten aber aus Gründen auf, die er nicht öffentlich aussprechen will. Mehr noch als mit Österreich ist Schwarzenberg mit den Erzfeinden von Klaus verbunden: In den 80ern war er die Stimme der tschechoslowakischen Dissidenten in der freien Welt. Sein Amt als als Vorsitzender der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte, in das er 1984 gewählt wurde, ermöglichte ihm, die damaligen Zustände in der ČSSR immer wieder anzuprangern. Sein Besitz ermöglichte ihm zu handeln: Ende 1986 öffnete er sein fränkisches Schloss Scheinfeld dem Dokumentationszentrum zur Förderung der unabhängigen tschechoslowakischen Literatur. Spätestens seit ihn Václav Havel 1990 zum Leiter seiner Präsidentenkanzlei machte, gilt Schwarzenberg als des Dichters Fürst. Als solcher gibt er das rechtsliberale Wochenblatt Respekt heraus, als solcher sitzt er seit zwei Jahren im Senat, neuerdings als Vorsitzender des Außenausschusses.
Schwarzenberg ist in der tschechischen Politik und Gesellschaft längst daheim. Unter der Hand wird der Land- und Forstwirt schon als möglicher Gegenkandidat von Václav Klaus bei den Präsidentschaftswahlen 2008 gehandelt. Zeit seines Lebens habe er sich immer gern an einen Spruch gehalten, sagte er einst im Interview: „Nichts anstreben und nichts ablehnen.“ SASCHA MOSTYN