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Archiv-Artikel

portrait Diktatorensohn mit „guter Führung“

Eigentlich hätte Hutomo Mandala Putra Suharto, in ganz Indonesien als „Tommy“ bekannt, noch weitere zehn Jahre in einer Gefängniszelle sitzen müssen. Im Juli 2002 war der Sohn von Exdiktator Suharto wegen des Auftragsmordes an einem Richter des Obersten Gerichtshofs zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Jener hatte Tommy zuvor wegen Korruption hinter Gitter schicken wollen. Gestern kam der 44-Jährige nach nur fünf Jahren wegen guter Führung auf freien Fuß.

Die Entscheidung der Justiz, Tommy Suharto unter Auflagen freizulassen, ist nach Ansicht von Kritikern ein Indiz dafür, wie gut die alten Seilschaften des 1998 gestürzten Diktators Suharto immer noch funktionieren. Den Reichtum des Familienclans hatte Tommy stets unverblümt zur Schau gestellt, auch als die Asienkrise Indonesien schon fest im Griff hatte. Während ein großer Teil der indonesischen Bevölkerung um eine Schale Reis am Tag kämpfte, fuhr der Suharto-Spross im blauen Rolls-Royce zu Pressekonferenzen. Dort verkündete er, wie gut die Herrschaft der „First Family“ für das Land sei. Politische Morde, Entführungen und die Abwesenheit von Presse- und Versammlungsfreiheit, die die Suharto-Diktatur kennzeichneten, standen da freilich nicht zur Diskussion.

Rennwagen und schöne Frauen waren Tommys Leidenschaft. Papa Suharto sorgte für seine Sprösslinge: Tommy hatte das Monopol für die Vermarktung von Gewürznelken inne, aus denen die beliebten Kretek-Zigaretten hergestellt werden. Auch an Firmen in der Öl-, Holz- und Automobilbranche war er beteiligt. Er galt als begehrtester Junggeselle des Landes, bis er 1997 eine javanische Adlige heiratete.

Noch lange nach dem Sturz seines Vaters galt Tommy als unantastbar. Dass Richter Syafuddin Kartasasmita es dennoch gewagt hatte, den Suharto-Spross zu 18 Monaten Haft wegen Korruption zu verurteilen, wurde dem Juristen zum Verhängnis. 2001 wurde er in seinem Auto erschossen. Die Schützen gaben Tommy Suharto als Auftraggeber an. Nach fast einjähriger Flucht wurde dieser schließlich gefasst und verurteilt.

Der Prozess hatte eigentlich als Test für Indonesiens Justiz gelten sollen, Mitglieder des Suharto-Clans hart abzustrafen. Das anschließende Urteil von fünfzehn Jahren Haft hatten politische Beobachter und Medien schon im Vorfeld als „Witz“ bezeichnet. Tommy Suharto jetzt ganz auf freien Fuß zu setzen, ist für Kritiker unvereinbar mit der gerade erst beginnenden Demokratisierung des Landes. Tommys Anhänger dagegen frohlocken: Vor dessen Hauseingang stapelten sich gestern Blumensträuße mit der Aufschrift „Willkommen daheim“. NICOLA GLASS