palast, fasanen etc. : Yeah, Zwischennutzung
Seit Wochen zwangsentleibt sich der Palast der Republik. Jetzt schon ist er nur mehr ein weiträumig umzäuntes, traurig hohlwangiges Gerippe. Alle Stopp-Tage, Palastwatchings, Vereinsgründungen, Bergprojekte und Politikerpatenschaften – umsonst gewesen. Brutal demonstriert der politische Wille seine Durchsetzungskraft, resigniert schulterzuckend wartet Berlin auf die Wiese. Die jahrelang feurig engagierten Zwischenpalastnutzer um den Architekten Philipp Oswalt und die Theatermacherin Amelie Deuflhard? Schienen Wunden zu lecken.
Weit gefehlt: Sie sind wieder da. Okay, haben sie sich gedacht, der Palast ist nicht mehr zu retten, Schwamm drüber – aber irgendwas zum Zwischennutzen finden wir noch! Gefunden haben sie: den Keller. Diesen Keller, den man nicht demontieren darf, würde doch sonst das Grundwasser geysirgleich emporschießen, und der ganze Berliner Dom würde ins Wanken geraten. Also habe man windeseilig überlegt, und zwar erstens rational und zweitens ästhetisch: Warum bloß in den Keller stumpfe 200.000 Tonnen Sand als Dom-Gegengewicht füllen, damit obendrauf dann eine stumpfe Wiese wachsen kann? Warum nicht in die Kellerwanne ein bisschen Beton gießen, einen luftig leichten Kubus um die alten Tragpfeiler basteln, schön mit Glasfassade und neonumkränztem Grasdach – auf dem es Fasanen zu züchten gälte –, und den Rest des Kellers als offenen, windgeschützten Platz zwei Meter unter dem Spreewasserspiegel zum Kaffeetrinken nutzen? Und warum dann nicht in dem Gebäude zeitgenössische Kunst und Workshops verquirlen mit den sowieso auf den Schlossneubau wartenden Dahlemer Museen, Uniarchiven, Bibliotheksbeständen? Für 5 Jahre zumindest, bis dann evtl. das Geld für den beschlossenen Neubau reicht?
Finanziell brauchte man genau die Summe, die Sandeinfüllung und -entfernung, Wiesenanpflanzung und Infobox auch verbraten. Entscheidungsträger, schnell entscheiden, bitte: Mitte März rücken 200.000 Tonnen Sand an. KIRSTEN RIESSELMANN