pachls nachsichten : Kreisverkehr Sponsoring
Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz
Wenn es am Geld fehlt, herrscht Not. Aber Not macht auch erfinderisch. Und in Köln, wo die Straßen so verkommen, dass man in der Severinsstraße schon Tunnels gräbt, um sich unter Tage fortbewegen zu können und nicht mehr von den verkommenden Straßendecken angeekelt zu werden, hier ist man jetzt auf die geniale Idee gekommen, die vielen Kreisverkehre, die bei der Automobilität ja eine wichtige Verteilerrolle spielen, dadurch vor dem Verfall zu bewahren, indem man sie Sponsoren zur Schirmherrschaft anbietet.
Was vom Laien als Schnapsidee belächelt wurde, ist nach dem verpatzten Cross-Border-Leasing wieder der erste konstruktive Versuch, effektiv an das Geld anderer Leute zu kommen. Nur sollte man beim Sponsoring des Kreisverkehrs nicht alte Fehler wiederholen und nur die Besserverdienenden beteiligen, denn hier ergibt sich die Chance, dass auch der kleine Mann bis hin zum obdachlosen Penner seinen Beitrag zur Gesundung des öffentlichen Haushalts leisten kann. Aber noch wichtiger: die Privatisierung der Öffentlichkeit, bei der Köln bundesweit eine Vorreiter-Rolle spielt, erhält einen entscheidenden Schub.
In Nippes beispielsweise, dem Viertel, in dem ich wohnhaft bin, stehen die vorbereitenden Maßnahmen kurz vor dem Abschluss. Der Stadtteil wurde bereits in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, d.h. wer nach Nippes zieht, bekommt an diesem Viertel so viele Anteilscheine, wie er Quadratmeter besiedelt. Dazu meldet er sich nicht mehr beim Amt für öffentliche Ordnung um, sondern bucht Anteilscheine bei der nächsten Ökobank-Filiale und ist damit Share-Holder.
Damit sind auch im mentalen Bereich wichtige Prozesse der Identifizierung angestoßen. Statt des dumpfen kölschen Heimatgefühls macht sich global orientierte corporate identity breit und entzieht rassistischen Strömungen radikal den Nährboden, weil man sich freut, wenn Fremde kommen und ihr Geld in den Viertelskneipen lassen. In Nippes gibt es auch keine Hundekacke mehr auf den Straßen, weil selbst der verblödetste Pitbull-Halter sich sagt: ich kann doch meinen Kampfhund nicht hier auf den Bürgersteig... das ist praktisch mein verlängerter Wohnzimmerteppich, ich bin Shareholder! Das macht mein Masturbino jetzt nicht mehr in Nippes, sondern nur noch in Köln-Ehrenfeld. Da ist das Sponsoring von Kreisverkehren der absolut richtige Schritt in die richtige Richtung Das Problem ist nur, in Nippes gibt es keinen Kreisverkehr.