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ortsterminBuenos dias, JVA Neumünster

Genau vor einem Jahr saß der katalanische Separatistenführer in Neumünster in Haft. Jetzt kehrte Carles Puigdemont mit 100 katalanischen Büchern zurück. Und bedankte sich bei der deutschen Justiz

„Moin moin“, grüßt der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont. „Guten Morgen, Good morning, Buenos dias“. Dann fährt der 56-Jährige auf Englisch fort. Er ist sichtlich gut gelaunt, lächelt immer wieder. In seinem Rücken die JVA Neumünster, vor ihm eine Menschentraube aus Jour­na­list*innen und Fans.

Es ist eine symbolische Begrüßung bei einem symbolischen Besuch: Genau ein Jahr nach seiner Festnahme kehrt der katalanische Politiker am Montag zurück an den Ort seiner Inhaftierung: Hinter den Backsteinmauern der JVA saß Puigdemont im vergangenen Jahr 13 Tage lang in Haft.

Es ist ein ungemütlicher Tag, um zurückzukehren. Die deutschen und spanischen Journalist*innen haben fröstelnd ihre Jacken hochgezogen, während sie darauf warteten, dass Puigdemont aus der JVA kommt. Dort ist er nicht mit leeren Händen angekommen. Im Gepäck hatte er 100 Bücher katalanischer Autor*innen. Die sind ein Geschenk für die Inhaftierten, die daraus entnehmen sollen, weshalb Katalonien unabhängig werden müsse. Warum es gerade für diese Menschen dringlich sein sollte, sich in die Tiefen spanischer Innenpolitik zu werfen, fragt auf der anschließenden Pressekonferenz niemand.

Die nutzt der ehemalige katalanische Ministerpräsident als Bühne für Appelle ans ferne Spanien. „Ich bin heute ein freier Mann, aber meine Parteikollegen und Freunde sind im Gefängnis“, sagt er. Für die deutsche Justiz hat Puigdemont hingegen durchweg positive Worte übrig. Mehrmals betont er, dass er in der JVA in Neumünster sehr fair und professionell behandelt wurde. „Wir haben einen Doppelstandard in Europa“, fährt er fort. „Wie kann es sein, dass das gleiche europäische Rechtssystem so unterschiedlich ausgelegt wird?“ Zumindest klingt es so, als habe er das gesagt.

Einige der Zuhörer*innen beugen sich angestrengt nach vorne. Kein Wunder: Die Akustik auf dem Vorplatz der JVA ist vieles, nur nicht gut. Und es gibt ein weiteres Problem: Es gibt keine*n Dolmetscher*in, niemand übersetzt, als die spanischen Medien und Puigdemont die Sprache wechseln.

Je länger der Politiker spricht, desto mehr sieht man ihm die Kälte an. Nach einer halben Stunde läuft er dann zielstrebig auf einen grauen Wagen zu. Im Gehen beantwortet er letzte Fragen. Wo es nun hingehe? „Ich fahre heute noch zurück nach Brüssel, um weiterzukämpfen.“ Noch ein Selfie mit einem Freund der Separatistenbewegung, noch ein Winken, und er steigt ein. Als der Wagen vom Parkplatz rollt, fängt es an zu hageln. „Wie passend“, murmelt ein Journalist.

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