off-kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Weil einflussreiche Bildungsvereine die „Schundfilme“ als moralisch verwerflich geißelten, mussten sich die Filmproduzenten in der Zeit um 1912 etwas einfallen lassen, um die Reputation des Kinos zu verbessern. In der Folge verpflichtete man bekannte Schriftsteller und Bühnenautoren, deren Werke man mit den berühmtesten Theaterschauspielern der Zeit zu verfilmen gedachte. Zu den angesprochenen Schriftstellern gehörte auch der Trivialautor Hanns Heinz Ewers, ein Kinoenthusiast, der für den Schauspielstar Paul Wegener das Exposé zu „Der Student von Prag“ entwarf und auf diese Weise gemeinsam mit dem Regisseur Stellan Rye für den wohl bedeutendsten deutschen Film vor dem Ersten Weltkrieg verantwortlich zeichnete. In seiner an die deutsche Schauerromantik angelehnten Geschichte erzählt Ewers vom armen Studenten Balduin, der 1820 in Prag sein Spiegelbild an eine dubiose Mephistopheles-Figur verkauft, um mit neu gewonnenem Reichtum und gesellschaftlichem Ansehen die Hand der Comtesse Margit zu gewinnen. Doch Balduin kann dem Spiegelbild, das als nunmehr verselbstständigter Teil seines alten Ichs auftritt, nicht entrinnen. Als er schließlich auf seinen „Doppelgänger“ schießt, tötet er sich selbst. Neben den Kameratricks und den Doppelbelichtungen der Doppelgängerszenen, die der Kameramann Guido Seeber in technischer Brillanz ausführte, gehört auch ein damals noch sehr ungewöhnlicher Panoramaschwenk zu den Höhepunkten des Films: Während im Bildvordergrund Balduin auf der vergeblichen Flucht vor seinem Spiegelbild erschöpft über eine auf einer Anhöhe gelegene Wiese taumelt, schweift der Blick im Hintergrund über die Altstadt Prags, bis der Hradschin ins Bild kommt.
„Houston, wir haben ein Problem“: Neben Neil Armstrongs „großem Schritt für die Menschheit“ gehört die Mitteilung der Apollo-13-Besatzung an die Bodenstation wohl zu den bekanntesten Sprüchen in der Geschichte der Raumfahrt. Und ein Problem hatten die Herren Astronauten im Frühjahr 1970 tatsächlich: Nach einer Explosion wäre die Rückkehr ihrer Raumkapsel zur Erde beinahe unmöglich geworden. Regisseur Ron Howard hat das Drama 1994 in „Apollo 13“ rekonstruiert und dabei vor allem die Arbeit der Bodencrew in den Mittelpunkt gerückt: Ihre Versuche, unter extremem Zeitdruck im Simulator die Schäden zu analysieren und entsprechende Handlungsanweisungen an die Astronauten auszugeben, machen die eigentliche Spannung des Hollywooddramas aus, dessen letztlich positiver Ausgang schließlich von der Realität vorgegeben ist.
Vielleicht macht das kürzlich auf DVD erschienene langweilige Remake von „Assault on Precinct 13“ ja Lust, sich das Original noch einmal anzusehen: John Carpenter erzählte 1976 die Geschichte einer Notgemeinschaft von Polizisten und Verbrechern, die ein fast verlassenes Polizeirevier gegen einen gesichtlosen Feind verteidigen muss, als zitatreiche Variation des Westerngenres und der Mythen des Kinos. Eine Hommage an das Kino des Howard Hawks. Lars Penning