noch 33 tage bis zum euro: taz-Serie über unser neues Geld
Macht der Euro alles teurer?
In letzter Zeit geht es einem öfters so: Man steht an der Kasse – und zahlt doppelt soviel. Woran das liegt? Am Euro. Seit einiger Zeit werden die Europreise meist fetter gedruckt als die Markpreise. Und in Euro erscheint alles schön billig. Erst wenn der Kassierer die Summe in D-Mark nennt, fällt einem auf, wie sich die Preise in Wirklichkeit entwickeln: Viele Produkte werden teurer.
Das behauptet auch das Statistische Bundesamt. Diese glaubwürdigste aller Instanzen, wenn es um Zahlen geht, beobachtet die Preise von etwa 18.000 Produkten des täglichen Bedarfs, angefangen von Zahnpasta über Spaghetti bis hin zur Unterhose. Ergebnis: In letzter Zeit wurde bei jedem zehnten Produkt der Preis erhöht, im Durchschnitt allerdings nur um 0,2 bis 0,4 Prozent.
So stieg etwa der Preis für Eiernudeln von 1,99 Mark auf 2,19 Mark. In Euro: von 1,02 Euro auf 1,12 Euro. Die Statistiker vermuten, dass zum Jahreswechsel, wenn nur noch der Europreis gilt, wieder auf die vertrauten Neunerendungen gerundet wird. In dem Fall abgerundet auf 1,09 Euro, versteht sich, um die Kunden glauben zu machen, mit dem Euro würde alles billiger. Tatsächlich sind die Nudeln fast 20 Pfennig teurer.
Nicht zu dieser Beobachtung zu passen scheinen Meldungen über sinkende Inflationsraten. Im Oktober lag die Preissteigerung mit 2 Prozent so niedrig wie seit 14 Monaten nicht mehr. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erklärt: „Zwei Effekte wirken auf die Preise.“ Der derzeit extrem niedrige Energiepreis verbillige die Produktion und dämpfe dadurch die Preissteigerung. „Dieser Effekt ist stärker.“ Die Euroumstellung könne „einen geringen Preiseffekt mit sich bringen“. Müsse aber nicht. Heinemann: „Es ist sehr schwer zu belegen, dass Verteuerungen tatsächlich mit dem Euro zu tun haben.“ Die Beobachtungen des Statistischen Bundesamtes bewegten sich „im Rahmen der statistischen Messungenauigkeit“.
Darüber hinaus verteuerten auch andere Faktoren zumindest Lebensmittel – etwa die Kosten der BSE-Krise sowie der Maul- und Klauenseuche.
Experten geben trotz solcher Zweifel mehrheitlich dem Euro die Schuld an höheren Preisen. Das ZEW befragte rund 300 Mitarbeiter in Banken, Versicherungen und Industrie. Zwei Drittel gaben an, sie rechneten mit leicht steigenden Preisen. 58 Prozent sagten aber auch, sie glaubten nicht, dass die Inflationsrate wegen der Euroumstellung über die anvisierte Marke von 2 Prozent steigen würde. KATHARINA KOUFEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen