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Archiv-Artikel

neues aus neuseeland: schrowange international und andere fehlpressungen von ANKE RICHTER

Man kommt in ein neues Land. Man weiß, wo die Hauptstadt liegt. Man liest die Zeitung und merkt sich, wie die Premierministerin mit den schiefen Zähnen und guten Ansichten heißt. Man interessiert sich für die brennenden Fragen der kleinen Nation. Und dann blättert man wie überall auf der Welt beim Friseur in den bunten Blättern – und ist hoffnungslos verloren.

Die Geschichten sind die gleichen: Sündenfall und Scheidungen, gesponserte Hochzeiten, gestellte Babyfotos. Die Gesichter dagegen könnten von Aliens stammen, als Sänger und Models getarnt. Selbstbewusst grinsen sie einen an, als ob sie alte Bekannte wären, aber man hat keinen blassen Schimmer, was das ganze Paparazzi-Geknipse von so viel Unbekanntem soll. Denn wer englisch sprechender Promi ist, hat nach internationalen Konventionen gefälligst Brad oder Angelina zu heißen und in Filmen mitzuspielen, die statistisch gesehen mehr Menschen als die Einwohner im Großraum Hamburg erreichen. Alles andere verwirrt unnötig.

Wer hat über die Grenzen der Tasmanischen See hinaus jemals von Shane Cortese gehört? Erst nach vielen Nachhilfestunden in Illustrierten lernt man: Der junge Mann stammt aus der Fernsehserie „Shortland Street“. Die ist die neuseeländische Version des britischen Dauerbrenners „Coronation Street“, welche wiederum der Vorläufer der „Lindenstraße“ ist. Mit solchen Eselsbrücken lässt sich das Fremde langsam begreifen. Denn letztlich hängt doch alles zusammen, im Kosmos wie im Prominentenzoo. Irgendwo auf der Welt hat die Natur ein Gegenstück zur Spezies der Kiwis erschaffen.

Kim Hill zum Beispiel (genau: Kim wer?). Deren markanter Stoppelkopf samt Denkerfalte blitzt einen aus den angesehenen Magazinen mit einer Wichtigkeit an, als ob sie Condolezza Rice persönlich sei. Mittlerweile ist das Rätsel gelöst: Es handelt sich um die begabteste Talkerin der Nation. Ein Blueprint von Sandra Maischberger, mit weniger Haaren auf dem Kopf, aber umso mehr auf den Zähnen.

Kollege Paul Holmes dagegen ist die etwas glattere Variante von Ulrich Wickert, falls so was möglich ist. Er trägt auch gern Schals und alle Jahre einen neuen Ehering. Leider hat Holmes eine CD mit Weihnachtsliedern besungen und UN-Generalsekretär Kofi Annan bei dessen letztem Neuseeland-Besuch einen „cheeky darkie“ genannt, was der „freche Bimbo“ gar nicht lustig fand, aber Paul Holmes kurzfristig und einmalig in die Weltpresse katapultierte.

Flora und Fauna ähneln sich bis in die Kleinigkeiten über Kontinente hinweg. Die antipodische Fehlpressung von Birgit Schrowange heißt Petra Bagust, moderiert harmlose Shows und ist so volkstümlich wie ihre sauerländische Schwester im Geiste. Auch der Name klingt ja ähnlich brav. Unkopierbar bleibt nur Jeremy Wells, Interviewer und Alleinunterhalter des einzig bissigen neuseeländischen TV-Highlights „Eating Media Lunch“. Um Stefan Raab zu doubeln, sieht er einfach zu gut aus. Und bei der Premiere von „Der Herr der Ringe“ fragte er einige Hollywood-Stars, was sie denn so von „New Zealand pussy“ hielten. Man war ‚not amused‘. Wells wurde sofort aus dem Pressepulk ausgesperrt. Die Muschi-Frage muss international erst noch gestellt werden.