neues aus neuseeland: endlich gefunden – das krieger-gen! von ANKE RICHTER :
Rothaarige sollen ja besonders toll im Bett sein. Dass die gemunkelte Gottesgabe nicht von ungefähr kommt, ist eigentlich bewiesen: Das Gen, das die roten Haare zu verantworten hat, sorgt dafür, dass Rotschöpfe mehr Schmerz abkönnen – was dann auch im Bett sicher von Vorteil ist. Ärzte haben das immer schon geahnt, denn bei Rothaarigen treten oft Komplikationen auf. Kein Wunder, wenn man denen den entzündeten Blinddarm abtastet und sie vor lauter Rothaarigkeit nicht mal zucken: Da kann leicht eine tödliche Sepsis übersehen werden. Daher: Drücken, bis der Karottenkopf „Aua!“ brüllt. Das verdanken wir der Genforschung.
Schade, dass es mit anderen Erkenntnissen aus dem Bereich immer wieder hapert. Das mit großem Getöse gestartete „Human Genome Project“ kam am Ende zu der Erkenntnis, dass unsereins gerade mal ein Drittel mehr Gene hat als der gemeine Fadenwurm. Das bisschen muss aber leider für eine Menge herhalten.
Erinnert sich noch jemand an das angebliche Schwulen-Gen? Genau. Während wir gebannt auf das Kofferbomber-Gen, das Doping-Gen und das 9live-Moderatoren-Gen warten, hat am Rande der Weltöffentlichkeit eine kleine wissenschaftliche Sensation stattgefunden: Dr. Rod Lea aus Wellington ist bei der Erforschung der Gesundheit von Neuseelands Ureinwohnern auf das „Krieger-Gen“ gestoßen. 60 Prozent aller Maori-Männer trügen das gefährliche Potenzial namens MAO-A mit sich herum, erklärte er auf einem Humangenetik-Kongress. „Offensichtlich heißt das, dass sie aggressiver und gewalttätiger sind“, stellte der Experte fest und leitete daraus eine „Verbindung zur Kriminalität unter den Maori“ ab.
Da hat Dr. Lea wohl den letzten Schuss nicht gehört. Phrenologie war einst ein Forschungszweig, der anhand der Schädelform zwielichtes Gesindel mit verbrecherischen Neigungen identifizierte. Beulen am Kopf galten als besonders verräterisch. Nach 1945 kam die Rassenkunde etwas aus der Mode, was sich aber vielleicht noch nicht nach Neuseeland herumgesprochen hat.
Dort passt Dr. Leas Erkenntnis wie die Faust aufs Auge: Schließlich sind die Gefängnisse voller Maori, und bei Schlägereien und Kindesmisshandlung rangieren die gebürtigen Krieger ebenfalls vorne. Was selbstverständlich nichts mit Armut, Arbeitslosigkeit, Identitätsverlust und ähnlich unschönen Gründen zu tun hat, sondern – man hat es geahnt – mit einer angeborenen Brutalität. Diese Wilden!
Da lacht sich der Schotte, von dessen Abkömmlingen es unter den weißen Kiwis nur so wimmelt, fein ins Fäustchen. Hat er doch Jahrhunderte lang Mord und Totschlag über die Highlands gebracht, geplündert, vergewaltigt und gemetzelt – aber kriegerische Gene? Nein, die würde sich ein Dudelsackspieler heute ungern attestieren lassen.
Als die Zeitungen über das „Krieger-Gen“ berichteten, liefen viele Maori empört Sturm. Einer jedoch rief beim Radio an und behauptete stolz: Ohne das Kämpferische im Blut hätten es seine Vorfahren nie auf Kanus nach Aotearoa geschafft. Welche Vorstellung: Weit und breit gäbe es dann nur friedensspendende Weißhäute. Wird Zeit, dass endlich das Kolonialismus-Gen entdeckt wird.