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Archiv-Artikel

neue wahlbündnisse Für alle Linken ist etwas dabei

Noch nie war das linke Wahlangebot für die Enttäuschten und Frustrierten in Köln so vielfältig, wie es bei der kommenden Stadtratswahl wohl sein wird: „Kölner Bürger Bündnis“, „Wahlbündnis Gemeinsam gegen Sozialraub“, schwullesbische „Regenbogen-Liste“ und „Ökologische Linke“ buhlen neben der bisher schon im Rat vertretenen PDS um ihre Zustimmung – für jeden ist irgendetwas dabei. So entfaltet das Urteil des Münsteraner Landesverfassungsgerichts von 1999 jetzt seine volle Wirkung: Die Aufhebung der 5-Prozent-Hürde beflügelt Phantasien.

Kommentar von Pascal Beucker

„Eine freche, angriffslustige Opposition gegen die Arroganz der Mächtigen“, verspricht die Ökologische Linke um den Ex-Grünen-Ratsherrn Dieter Asselhoven. Tatsächlich wäre es eine Bereicherung, wenn die Kandidaturen im Unter-5-Prozent-Segment links von SPD und Grünen den Sprung in den Rat schaffen würden. Man muss keine Sympathien für die Wählervereinigungen hegen, um festzustellen, dass größere Vielfalt die Debatten im Rathaus bereichern kann.

Einfluss auf das Wahlergebnis von Sozialdemokraten und Grünen wird die linke Kandidaturenvielfalt indes wenig haben. Dafür ist das Angebot der „Kleinen“ dann doch zu mager. „Kommunalpolitik in Köln ist zum Tummelplatz ideologischer Streitigkeiten, zum Spielfeld von Machtinteressen und zur Basis von Karrieren und teilweise persönlicher Bereicherung geworden“, heißt es zwar wunderschön im „Kölner Bürger-Programm“ des „Kölner Bürger Bündnis“.

Aber Leute wie Ex-Schuldezernent Andreas Henseler, der seit seinen Juso-Zeiten den Ruf des Obertaktierers genießt und dessen innerparteiliche Kungeltalente seiner Karriere nicht gerade abträglich waren, mögen für vieles stehen –für Bürgernähe und einen politischen Neuanfang jedenfalls nicht. Ebensowenig wie Ratsfrau Anita Cromme. Die gibt sich mehr als wortkarg, geht es um ihre Verwicklung in die Spendenquittungsaffäre der Kölner SPD. Stattdessen denunziert sie die Aufklärungs- und Sanktionsbemühungen ihrer bisherigen Partei als „stalinistische Methoden“. Glaubwürdige Politik sieht anders aus.

Auch den Grünen wird die neue Vielfalt wenig schaden. Für das grün-alternative Wählerklientel kommt das „Bürger Bündnis“ viel zu bieder daher. Mit einem verbalradikalen Sammelsurium aus trotzkistischen und post-stalinistischen Grüppchen, wie es das „Wahlbündnis Gemeinsam gegen Sozialraub“ darstellt, kann es ohnehin nichts anfangen. Und die, die sich von der „Ökologische Linken“ angesprochen fühlen könnten, haben sich schon vor über einem Jahrzehnt von den Grünen verabschiedet.

Bedrohlich wird es hingegen für die PDS. Denn auch ohne 5-Prozent-Hürde ist es nicht leicht, ein Ratsmandat zu ergattern: Über ein Prozent der Stimmen sind dafür nötig – nicht wenig in einer Metropole wie Köln. So könnte der Vielfalt auf dem Wahlzettel der große Katzenjammer nach der Auszählung folgen: dann, wenn alle „Kleinen“ draußen bleiben müssen.