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Archiv-Artikel

nebensachen aus istanbul Die türkische Antwort auf den weltweiten US-Coca-Cola-Imperialismus

Mit Cola-Turka im Regierungssitz

Der von unserer Wohnung im Istanbuler Stadtteil Üsküdar aus am nächsten gelegene Supermarkt heißt Yimpas. Gleich, wenn man den Markt betritt, stolpert man über die neue gastronomische Sensation der Türkei. Zu einer riesigen Pyramide aufgeschichtet finden sich hier hunderte von Colaflaschen, die aber eben nicht mit Coca-Cola, sondern mit Cola-Turka gefüllt sind.

Cola-Turka wird vom türkischen Lebensmittelkonzern Ülker produziert, und Ülker ist eines der Flaggschiffe des so genannten grünen Kapitals. Das sind die Firmen, die sich zu ihrem islamischen Background bekennen und beispielsweise nie alkoholische Getränke verkaufen würden.

Die Supermarktkette Yimpas gehört ebenfalls zum grünen Kapital, und es ist deshalb kein Zufall, dass man bei Yimpas das amerikanische Gesöff vollständig aus den Regalen geräumt hat und stattdessen nur noch Cola-Turka anbietet.

Die Antwort der islamischen Türkei auf den permanenten, weltweiten US-Angriff auf den Gaumen durstiger Konsumenten, wird aber nicht nur durch den flächendeckenden Vertrieb islamischer Supermärkte befördert, sie hat auch Protektion von höchster politischer Stelle. Ministerpräsident Tayyip Erdogan höchstpersönlich, outete sich erst kürzlich als Fan von Cola-Turka.

Dieser Umstand ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Erdogan, zuzeiten als seine politische Karriere noch ziemlich düster aussah und er gerade als Bürgermeister von Istanbul hatte zurücktreten müssen, sich beim Ülker-Konzern ein gutes Zubrot verdiente. Dort hatte er die Aufgabe, den Vertrieb von Ülker-Produkten auf der asiatischen Seite Istanbuls aufzubauen.

Dieser Job blieb in der Familie, und heute organisiert sein ältester Sohn Ahmet hauptamtlich den Vertrieb von Ülker-Produkten. Doch anders als die Mekka-Cola, die islamische Einwanderer in Frankreich brauen, hat Cola-Turka in der Türkei durchaus den Sprung über die Religionsgrenzen geschafft. Dafür, dass auch Laizisten zu Cola-Turka greifen, sind vor allem die witzigen und gut gemachten Werbespots verantwortlich, mit denen das Getränk unter die Leute gebracht wird. Für die türkische Cola wirbt die führende PR-Agentur des Landes, deren Chef, Serdar Erener, Bruder der Sängerin und Eurovisions-Gewinnerin Sertab Erener, mit den Islamisten ganz und gar nichts am Hut hat.

Entsprechend weltlich sind die Werbespots, und erst diese Allianz von islamischem Vertrieb und professioneller, säkularer Public Relations haben dazu geführt, dass Cola-Turka angeblich der US-Brause bislang bereits gut 20 Prozent Marktanteil abgejagt hat.

Dass der Marktanteil der türkischen Cola-Adaption aber trotz der guten Voraussetzungen wohl dennoch nicht in den Himmel wachsen wird, hat einen ganz simplen Grund. Unserem zehnjährigen Cola trinkenden Sohn genügte nach einer halben Flasche ein Kurzkommentar: „Schmeckt nicht.“

JÜRGEN GOTTSCHLICH